Ob ein solcher Sozialplan-Tarifvertrag überhaupt zulässig ist, hatte das BAG erstmals mit Urteil vom 06.12.2006 – 4 AZR 798/05 – zu entscheiden und bejahte diese Frage ausdrücklich.
Praxistipp
Bei größeren und öffentlichkeitswirksamen Betriebsänderungen müssen sich Arbeitgeber zukünftig darauf einstellen, dass die Verhandlungen praktisch nicht mehr mit dem Betriebsrat geführt werden, sondern eine Auseinandersetzung mit den Forderungen von Gewerkschaftssekretären notwendig wird. Vor diesem Hintergrund kann es durchaus sinnvoll sein, die Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen mit einer gewissen Großzügigkeit zu beschleunigen. Ist der Interessenausgleich einmal zustande gekommen, kann die Betriebsänderung in jedem Fall durchgeführt werden. Daran kann auch eine Gewerkschaftsforderung auf Abschluss eines zusätzlichen Sozialplan-Tarifvertrages nichts ändern.
Einzelheiten
Es war umstritten, ob tarifliche Sozialpläne überhaupt ein tariflich regelbares Ziel darstellen. Mit guten Argumenten war vertreten worden, dass die §§ 111 ff. BetrVG eine Sperrwirkung begründen, und in einem Unternehmen nur der Betriebsrat und die Geschäftsführung zur Regelung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen einer Betriebsänderung befugt sind. Diese Rechtsauffassung hat das BAG in seiner Entscheidung vom 06.12.2006 nicht geteilt. Tarifvertragsparteien (und dazu gehört neben dem Arbeitgeberverband auch der einzelne Arbeitgeber) seien nach Ansicht des BAG frei, im Rahmen ihrer Tarifzuständigkeit einen Tarifvertrag zu vereinbaren, der die sozialen und wirtschaftlichen Folgen für die von einer Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer ausgleiche oder mildere. Zu derartigen Betriebsänderungen könnten beispielsweise Betriebsteilschließungen oder -verlagerungen gezählt werden. Der Möglichkeit zum Abschluss eines Sozialplan-Tarifvertrages stehe die originäre Zuständigkeit von Betriebsrat und Arbeitgeber, einen Sozialplan abzuschließen, nicht entgegen. Ebenso wenig sei der Abschluss eines Sozialplans auf Betriebsebene deshalb unmöglich, weil bereits ein Sozialplan-Tarifvertrag abgeschlossen worden sei.
Das bedeutet praktisch, dass auch der Abschluss eines Sozialplan-Tarifvertrages die Vereinbarungen mit dem Betriebsrat in Form eines Interessenausgleichs und eines Sozialplans nicht entbehrlich macht.
Es ist absehbar, dass die neue Strategie der IG Metall, gegen Produktionsverlagerungen bzw. Betriebsstilllegungen vorzugehen, den Vollzug von Umstrukturierungsmaßnahmen erschweren wird. Ob auch andere Gewerkschaften diesem Vorbild der IG Metall folgen werden, bleibt abzuwarten.