Landesvergabegesetz Niedersachsen
Anlass war ein Verfahren über ein Vertragsstrafeverlangen des Landes Niedersachsen wegen Verstoßes eines Auftragnehmers gegen eine vorformulierte Vereinbarung zur Einhaltung der tarifvertraglichen Bestimmungen bei der Ausführung von Bauleistungen. Tatsächlich hatte der Auftragnehmer ein polnisches Unternehmen als Nachunternehmer eingesetzt, das an seine auf der Baustelle eingesetzten Arbeitnehmer nur ca. 47 % des gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohnes zahlte. Das niedersächsische Landesvergabegesetz verpflichtet öffentliche Auftraggeber, Aufträge für Bauleistungen nur an solche Auftragnehmer zu vergeben, die sich verpflichten, ihren Arbeitnehmern mindestens den am Ort der Bauleistung geltenden Mindesttariflohn zu zahlen.
OLG Celle: Tariftreuepflicht europarechtswidrig
Das OLG Celle hat in seinem Beschluss erkennen lassen, dass es die Tariftreuepflicht nicht mit der Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 49 EG-Vertrag für vereinbar hält. Die Tariftreuepflicht könne eine Behinderung des Marktzugangs für Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten darstellen. Zwar könne eine Einschränkung der Grundfreiheiten ausnahmsweise gerechtfertigt sein. Voraussetzung sei aber, dass sie auf zwingenden Gründen des Allgemeinwohls beruhe. Die Tariftreuepflicht bezwecke eine Abschottung der deutschen Bauunternehmen vor der Konkurrenz aus anderen Mitgliedstaaten. Ein solcher Zweck könne nicht als zwingendes Erfordernis des Allgemeininteresses eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit rechtfertigen.
Fazit
Die Entscheidung des EuGH ist für die Praxis von erheblicher Bedeutung. Hält es entsprechende Tariftreueregelungen für europarechtswidrig, ist es öffentlichen Auftraggebern verwehrt, zukünftig entsprechende Tariftreueerklärungen im Rahmen einer Ausschreibung von den Bietern zu fordern.