Verdingungsordnungen im Bundesanzeiger veröffentlicht; VgV 2010 auf der Zielgeraden
Die Weichen für das Inkrafttreten der neuen Verdingungsordnungen sind gestellt. Nachdem bereits mit Datum vom 15.10.2009 die Neufassung der VOB/A 2009 im Bundesanzeiger bekanntgemacht worden ist, sind nunmehr am 08.12.2009 auch die VOF 2009 sowie am 29.12.2009 die VOL/A 2009 amtlich bekanntgemacht worden. Außerdem hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) zwischenzeitlich einen Entwurf zur aktualisierten Vergabeverordnung mit Entwurf der Begründung vorgelegt. Die neue Vergabeverordnung soll am 27.01.2010 im Bundeskabinett zur Abstimmung gestellt werden und kann bei Zustimmung am 26.03.2010 im Bundesrat beraten werden.
Beschränkte Funktion der VgV 2010
Da mit dem Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts zahlreiche Vorschriften in das GWB aufgenommen wurden, beschränkt sich die neue Vergabeverordnung nunmehr im Wesentlichen auf eine Scharnierfunktion zu den Vergabe- und Vertragsordnungen. Die Änderungsverordnung dient damit im Wesentlichen der Inkraftsetzung der novellierten Verdingungsordnungen. Zwar können die ersten Abschnitte der neuen Verdingungsverordnungen theoretisch bereits durch entsprechende ministerielle Einführungserlasse in Kraft treten. Damit eine einheitliche Einführung der neuen Vorschriften gewährleistet ist, haben sich Bund und Länder jedoch darauf verständigt, auch die Anwendbarkeit des ersten Abschnitts der Verdingungsordnungen von dem Inkrafttreten der neuen VgV abhängig zu machen. Soweit (wie zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen) dynamische Verweisungen existieren, sollen klarstellende Erlasse ergehen, wonach jeweils die nach der aktuellen VgV anwendbare Fassung maßgeblich sein soll.
Zahlreiche materielle Änderungen durch die neuen Verdingungsordnungen
Mit dem Inkrafttreten der neuen Verdingungsordnungen verbunden sind zunächst eine am Verfahrensablauf orientierte Neustrukturierung sowie eine Straffung der maßgeblichen Vorschriften. Darüber hinaus finden sich aber auch zahlreiche, erhebliche Neuerungen für das Vergabeverfahren in materieller Hinsicht, die öffentliche Auftraggeber wie Bieter gleichermaßen betreffen.
Wichtig in diesem Zusammenhang ist etwa die Einführung einheitlicher Wertgrenzen für beschränkte Ausschreibungen und freihändige Vergaben unterhalb der Schwellenwerte durch die VOB/A. In der VOL/A werden unterhalb der Schwellenwerte sogar die Freiheit der Verfahrenswahl festgeschrieben sowie erstmals Regelungen zur sogenannten „dynamischen Beschaffung“ getroffen. Zusätzlich wird eine „Bagatellklausel“ eingeführt, nach der Aufträge unterhalb von 500,00 Euro nunmehr auch ohne ein förmliches Vergabeverfahren vergeben werden dürfen. Allerdings werden den Auftraggebern im Gegenzug für diese Vereinfachungen durch beide Verdingungsordnungen bestimmte Ex-post Transparenzpflichten auferlegt.
Neu sind im VOB/A-Bereich auch die Regelungen zu Bedarfspositionen, die nunmehr nur noch in Ausnahmefällen ausgeschrieben werden dürfen. Außerdem soll im Regelfall auf Sicherheitsleistungen des Auftragnehmers verzichtet werden.
Sowohl in der VOB als auch in der VOL sind darüber hinaus die Anforderungen an Eignungsnachweise deutlich gesenkt worden. So wurde die Bedeutung von Präqualifikationsverzeichnissen und Eigenerklärungen gestärkt. Fehlende Erklärungen und Nachweise dürfen darüber hinaus vom Auftraggeber nachgefordert werden, soweit das Angebot nicht aus anderen formalen Gründen (z.B. verspätetes Angebot) auszuschließen ist. Derart nachgeforderte Erklärungen müssen dann innerhalb von sechs Kalendertagen durch den Bieter vorgelegt werden.
Weitere wichtige Änderungen der Verdingungsordnungen betreffen den Umgang mit fehlenden Preisangaben, den Ausschluss von nicht hinreichend gekennzeichneten Nebenangeboten sowie den Ablauf des Submissionstermins.
Weitere Änderungen im Vergaberecht absehbar
Dass mit der Neufassung der Verdingungsordnungen die Reform des deutschen Vergaberechts nicht abgeschlossen ist, zeichnet sich bereits jetzt ab. So ist zum einen vorgesehen, dass VOL und VOB zukünftig noch mehr aneinander angeglichen werden sollen. Dies betrifft insbesondere die Struktur, findet sich doch in der neuen VOL – anders als noch in der neuen VOB – keine Untergliederung mehr in Basis- und a-Paragraphen, sondern zwei voneinander unabhängige Abschnitte für Vergaben unterhalb und oberhalb der Schwellenwerte. Weiterer Handlungsbedarf des Gesetzgebers zeichnet sich außerdem ab angesichts der neueren Rechtsprechungsentwicklungen auf europäischer Ebene, so etwa hinsichtlich des Umgangs mit interkommunalen Kooperationen sowie betreffend die Definition der Baukonzession. Darüber hinaus ist die weitere Vereinfachung und Reformierung des Vergaberechts auch im Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Regierung festgeschrieben. Auf der Agenda stehen dabei etwa die Überprüfung der vergabefremden Zwecke und die Einführung von Rechtsschutz im Unterschwellenbereich. Allerdings soll die anstehende Überarbeitung dem Vernehmen nach im bestehenden System des Vergaberechts erfolgen. Insbesondere soll die Verantwortung der Vergabeausschüsse für die von ihnen betreuten Regelwerke fortbestehen.