In einem vom Oberlandesgericht Düsseldorf entschiedenen Fall (Beschluss vom 16.01.2002, Az.: 2 B Ss [OWi] – 02/01 – [OWi] 75/01 IV) hatte es ein Unternehmen versäumt, vor einer unwesentlichen Änderung ihrer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage die beabsichtigte Änderung der zuständigen Behörde rechtzeitig anzuzeigen (§ 15 BImSchG). Dies erfüllte den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit. Aufgrund der internen Aufgabenverteilung fiel die Verantwortung für die rechtzeitige Änderungsanzeige in den Zuständigkeitsbereich des Technischen Geschäftsführers. Gleichwohl waren die Bußgeldbehörde und das Amtsgericht der Auffassung, dass dieses Versäumnis auch dem Kaufmännischen Geschäftsführer und damit beiden Geschäftsführern anzulasten sei. Die interne Aufgabenverteilung sei für die Verantwortlichkeitsfrage im Bußgeldverfahren unbeachtlich.
Interne Organisation grundsätzlich beachtlich
Dem widersprach das Oberlandesgericht Düsseldorf und stellte folgende Grundsätze auf:
Die immissionsschutzrechtliche Anzeigepflicht richtet sich an den Betreiber der Anlage, im konkreten Fall eine GmbH & Co. KG.
Diese Anzeigeverpflichtung nehmen die Geschäftsführer (der Komplementär-GmbH) für das Unternehmen war.
Wird eine das Unternehmen treffende rechtliche Pflicht (hier: die rechtzeitige Anzeige der beabsichtigten Anlagenänderung) nicht erfüllt, ist bei Aufteilung der Geschäftsbereiche die interne Zuständigkeit der Unternehmensorgane (hier: Geschäftsführer) für die ordnungswidrigkeitenrechtliche (Hinweis: Gleiches würde für das Strafrecht gelten) Verantwortlichkeit grundsätzlich beachtlich. Von diesem Beachtlichkeitsgebot gibt es eine Ausnahme:
In Situationen, die die Gesellschaft existenziell bzw. grundlegend treffen, gilt, dass jeder Geschäftsführer für die Geschäftsführung insgesamt verantwortlich ist. Der „unzuständige“ Geschäftsführer darf sich grundsätzlich darauf verlassen, dass der zuständige Mitgeschäftsführer die ihm obliegenden Pflichten erfüllt. Das OLG Düsseldorf wörtlich: „Eine allgemeine gegenseitige Überwachungspflicht gleichberechtigter Organe ohne besondere Veranlassung besteht nicht“. Eine Ausnahme von dem Vertrauensgrundsatz, also ein „besonderer Anlass zur Überwachung“, besteht nur ausnahmsweise: Der „unzuständige“ Geschäftsführer muss mit der Begehung einer Ordnungswidrigkeit (Straftat) durch das „zuständige“ Organ rechnen, sei es aufgrund dessen allgemein nachlässigen Verhaltens oder aufgrund früherer Rechtsverstöße in dem betreffenden Geschäftsbereich. Das Oberlandesgericht Düsseldorf wörtlich: „Nach diesen Maßstäben handelt das unzuständige Organ vorsätzlich ordnungswidrig, wenn es Verstöße des zuständigen Organs erkennt und gleichwohl nicht einschreitet. Ein Fahrlässigkeitsvorwurf ist ihm nur unter der Voraussetzung zu machen, dass es nicht einschreitet, obwohl sich ihm die fraglichen Pflichtverletzungen des zuständigen Organs aufdrängen mussten oder Anlass bestand, sich auf Grund früherer Unregelmäßigkeiten um die Angelegenheiten des zuständigen Organs zu kümmern.“
TIPP: Bei einer mehrköpfigen Geschäftsführung Geschäftsbereiche aufteilen und dadurch bei interner Unzuständigkeit die strafrechtliche und ordnungswidrigkeitenrechtliche Verantwortlichkeit deutlich mindern!