Zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit wird das deutsche Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz, das die Klagemöglichkeiten von Umweltverbänden gegen behördliche Entscheidungen über die Zulassung von Vorhaben regelt, durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) auf seine Übereinstimmung mit europäischen Vorgaben hin überprüft werden. Mit Beschluss vom 10.10.2012 hat das Bundesverwaltungsgericht einen Rechtsstreit ausgesetzt und dem EuGH Fragen zur Auslegung der europäischen Öffentlichkeitsbeteiligungs-Richtlinie zur Vorabentscheidung vorgelegt (Az.: 7 C 20.11). Bereits in einer Entscheidung vom 12.05.2012 war der EuGH mit dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz befasst.
Nachprüfung von UVP-Verstößen
Gegenstand des Ausgangsverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ist ein wasserrechtlicher Planfeststellungsbeschluss, mit dem die Errichtung einer großflächigen Wasserrückhaltung am Oberrhein zugelassen wird. In dem Verfahren geht es unter anderem um die Frage, ob etwaige Mängel der in dem Verfahren durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durch den klagenden Umweltverband mit Erfolg geltend gemacht werden können. Nach der einschlägigen Bestimmung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (§ 4) können Umweltverbände lediglich das vollständige Fehlen einer UVP mit Erfolg rügen, nicht aber diesbezügliche Mängel. In seinem Vorlagebeschluss äußert das Bundesverwaltungsgericht Zweifel, dass diese Einschränkung mit den Vorgaben der europäischen Öffentlichkeitsbeteiligungs-Richtlinie in Einklang steht.
Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz vom EuGH schon einmal beanstandet
In seiner Entscheidung vom 12.05.2011 hatte der EuGH bereits beanstandet, dass das deutsche Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz Rechtsbehelfe von Umweltverbänden an die Bedingung knüpft, dass die Verletzung von Rechtsvorschriften geltend gemacht wird, die Rechte einzelner begründen. Mit dieser Entscheidung hat der EuGH die Rechte der Umweltverbände schon deutlich gestärkt.
Falls der EuGH der Einschätzung des Bundesverwaltungsgerichts teilt, dass nicht nur das vollständige Fehlen, sondern auch Fehler in der UVP von Umweltverbänden in Rechtsbehelfsverfahren geltend gemacht werden können, wäre damit nochmals eine Ausweitung der Klagemöglichkeiten verbunden. Die Beteiligten in Planungs- und Genehmigungsverfahren werden deshalb gut daran tun, den gesetzlichen Anforderungen an die UVP künftig besondere Aufmerksamkeit zu schenken.