Der Europäische Gerichtshof hat jedoch am 08.05.2003 im Fall „Wolfgang Seeling“ (Rs. C-269/00) mittelbar den Vorsteuerabzug auch für den privat genutzten Teil eines Gebäudes eröffnet, das sowohl unternehmerisch als auch privat genutzt wird. Die Luxemburger Richter entschieden, dass die private Nutzung eines insgesamt einem Unternehmen zugeordneten Gebäudes nicht als steuerfreie Vermietung oder Verpachtung behandelt werden kann. Damit ist der auf den privat genutzten Gebäudeteil entfallende Vorsteuerbetrag nicht mehr vom Abzug ausgeschlossen. Gleichsam im Gegenzug hat der Unternehmer die Privatnutzung als unentgeltliche Wertabgabe zu versteuern. Dies bemisst sich nach den für die private Verwendung entstandenen Kosten, soweit sie zum Vorsteuerabzug berechtigt haben. Die Grundsätze des Urteils sind aber nur bei gemischt genutzten Grundstücken bzw. Gebäuden anwendbar, wobei die unternehmerische Nutzung mindestens 10 % betragen muss. Ferner muss das gesamte Gebäude zu umsatzsteuerlichen Zwecken dem Unternehmensvermögen zugeordnet werden. Diese Zuordnung erfolgt in der Regel dadurch, dass der Unternehmer die Vorsteuerbeträge für das gesamte Gebäude in der Umsatzsteuervoranmeldung und in der Umsatzsteuererklärung geltend macht. Das EuGH-Urteil eröffnet einem Unternehmer den Vorsteuerabzug auch für den privat genutzten Teil eines gemischt genutzten Gebäudes. Im Gegenzug hat er aufgrund der Abschreibung über die nächsten 50 Jahre die Privatnutzung zu versteuern. Wirtschaftlich betrachtet erhält der Unternehmer vom Finanzamt in Gestalt des Vorsteuerabzugsanspruchs ein zinsloses Darlehen, das er über die nächsten 50 Jahre zurückzuführen hat. Der Finanzierungsvorteil ist groß, selbst wenn der Steuersatz von derzeit 16 % künftig erhöht werden sollte. Dies ist eine sehr interessante Gestaltungsmöglichkeit.