Formalismus vermeiden
Die Vergabekammer Nordbayern sah die Rügeobliegenheit des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB als gewahrt an. Der Auftraggeber habe die Rüge des rügenden Mitglieds der Bietergemeinschaft als im Namen der Bietergemeinschaft erbracht verstehen müssen. Gegenteilige Ansichten, die bei der Rüge einer Bietergemeinschaft darauf abstellten, dass alle Bieter einer Bietergemeinschaft die Rüge erklären müssten oder zumindest das hierzu berufene Mitglied deutlich machen müsse, dass es einheitlich für die gesamte Bietergemeinschaft handele, seien zu formalistisch.
Fazit
Die Vergabekammer Nordbayern hat die bislang strengen Anforderungen an die Rügeobliegenheit für eine Bietergemeinschaft erheblich gesenkt. Damit steht sie allerdings im Gegensatz zu der bisherigen Rechtsprechung (vgl. insbesondere VK Sachsen, Beschluss vom 01.06.2006 und VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.10.2005), die bei der Rüge einer Bietergemeinschaft ausdrücklich eine einheitliche Rüge entweder jedes einzelnen Mitglieds der Bietergemeinschaft oder durch das hierzu berufene Mitglied der Bietergemeinschaft (das dies zum Ausdruck bringt) verlangt. Vor diesem Hintergrund ist Bietergemeinschaften trotz des aktuellen Beschlusses der Vergabekammer Nordbayern nach wie vor dringend anzuraten, im Falle einer Rüge klar und unmissverständlich deutlich zu machen, dass diese im Namen der Bietergemeinschaft erfolgt. Nur so kann dem drohenden Risiko der Unzulässigkeit eines möglicherweise später erhobenen Nachprüfungsverfahrens wegen unzureichender Rüge mit Sicherheit begegnet werden.