Auf der Zielgeraden haben Bundestag und Bundesrat die Reform der Insolvenzanfechtung verabschiedet. Durch das Gesetz, welches mit Verkündung im Bundesgesetzblatt am 04. April 2017 in Kraft getreten ist, werden die Risiken der Insolvenz für die Geschäftspartner kriselnder Unternehmen verringert. Die von der Rechtsprechung geforderten strengen Anforderungen, die Zahlungsfähigkeit der Geschäftspartner zu überprüfen, werden damit entschärft.
Das Gesetz verfolgt das Ziel, den Wirtschaftsverkehr von Rückforderungen durch Insolvenzverwalter zu entlasten, die von der bisherigen Praxis des Insolvenzanfechtungsrechts ausgingen. Es sieht vor allem Eingrenzungen der sog. Vorsatzanfechtung vor, die in weiten Teilen den Anregungen aus der Wirtschaft folgten. Die Vorsatzanfechtung und die zu ihr ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung standen schon seit langer Zeit in der Kritik. Denn sich lauter wähnende Geschäftspartner – und spätere Anfechtungsgegner – sahen sich bisher einer Reihe von schwer zu widerlegenden Vermutungen im rechtlichen Sinne ausgesetzt, die die Annahme der Kenntnis einer Zahlungsunfähigkeit des Geschäftspartners und damit eine Zurückgewährung von Leistungen an den Verwalter förderten. Hierbei handelte es sich oft um für sich genommen um (noch) unkritische Geschäftsvorfälle (wie z.B. dem Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung, die keinen Aufschluss über die gesamten finanziellen Verhältnisse eines Geschäftspartners gab). Dies galt umso mehr, als die Vorsatzanfechtung nach geltendem Recht bis zu 10 Jahre zurückreichte.
Bei sog. kongruenten Deckungen (bei denen ein Schuldner eine Leistung in der geschuldeten Art und Weise bei Fälligkeit erbringt, was sozusagen die normalen Geschäftsvorfälle sind) gilt künftig, dass die Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners nur vermutet werden kann, wenn der Anfechtungsgegner Kenntnis der bereits eingetretenen, anstelle der nur drohenden Zahlungsunfähigkeit des Vertragspartners hatte. Hiermit wird die Darlegungslast der Insolvenzverwalter erheblich erhöht und der Rechtsverkehr im Umgang mit kriselnden Geschäftspartnern stärker geschützt.
Bei (Raten-)Zahlungsvereinbarungen gilt künftig eine Vermutung dahingehend, dass der Anfechtungsgegner keine Kenntnis von einer Zahlungsunfähigkeit hatte. Der sogenannte Bargeschäftseinwand, wonach die Anfechtung bei unmittelbar gleichwertigem Leistungsaustausch (die Rechtsprechung geht von einem Zeitraum 2 Wochen bis 30 Tagen für den wechselseitigen Austausch aus) ausgeschlossen ist, wurde zudem ausgeweitet. Bisher galt die Bargeschäftsausnahme nicht für die Vorsatzanfechtung, was nun dahingehend geändert wurde, dass zukünftig auch die Vorsatzanfechtung ausgeschlossen ist, wenn nicht ein unlauteres Verhalten vorliegt. Freilich wird die Praxis noch zeigen müssen, wie das Merkmal „unlauter“ zu bestimmen ist.
Fazit: Das neue Anfechtungsrecht stärkt den Rechtsverkehr und nimmt der teilweise übermäßig betriebenen Anfechtungspraxis einiger Verwalter den „Wind aus den Segeln“. Dies wird auch kriselnden Unternehmen zugutekommen, wenn vorher Geschäftspartner aus Angst vor einer späteren Rückforderung durch einen Insolvenzverwalter die Geschäftsbeziehung mit einem Unternehmen abbrachen, was sicherlich in einigen Fällen eine Krise noch verstärkt haben wird.