Das OVG Koblenz hat mit Urteil vom 01.04.2015 einem von avocado rechtsanwälte vertretenen Krankenhausträger zugestanden, das bei ihm auf den Krankenstationen gesammelte Gemisch aus krankenhausspezifischen Abfällen der AVV 18 01 04 und Siedlungsabfällen der AVV 20 03 01 einer Verwertung durch einen privaten Entsorger zuzuführen. Dabei hat es das OVG insbesondere auch als unerheblich angesehen, dass in diesem Gemisch unstreitig wenigstens in geringem Umfang auch biologisch abbaubare Abfälle enthalten sind.
Die Entscheidung des Gerichts
Nach Ansicht des OVG muss dem Erzeuger oder Besitzer eines Abfallgemischs aufgrund einer europarechtskonformen Auslegung des nationalen Abfallrechts stets die Möglichkeit zugestanden werden nachzuweisen, dass das Gemisch einer zulässigen Verwertung und keiner Beseitigung zugeführt wird. Gelingt dieser Nachweis, so besteht keine Überlassungspflicht zu Gunsten des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Diesen Nachweis sah das Gericht im vorliegenden Fall als erbracht an, da der Krankenhausbetreiber das Abfallgemisch unstreitig einer alle Kriterien einer energetischen Verwertung erfüllenden Verbrennung zuführt. In solchen Fällen, so das OVG weiter, sei es auch unerheblich, wenn in dem Gemisch in geringem Umfang biologisch abbaubare Abfälle – hier: aus den Patientenzimmern und Teeküchen der Stationen – enthalten seien. Hierdurch werde die energetische Verwertung des Abfallgemisches nicht insgesamt rechtswidrig, wie dies der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger im Verfahren unter Hinweis auf § 6 Satz 1 Nr. 4 GewAbfV behauptet hatte. Schon der Wortlaut der Vorschrift zeige vielmehr, dass nicht jedweder Anteil biologischer Abfälle in einem Abfallgemisch die energetische Verwertung dieses Gemischs unzulässig mache. Die energetische Verwertung habe vielmehr nur dann zu unterbleiben, wenn in dem fraglichen Gemisch „Küchen- und Kantinen, Markt-, Park oder Gartenabfälle“ enthalten seien, also biologisch abbaubare Abfälle in üblicherweise derart großen Mengen, dass das Ziel einer hochwertigen energetischen Verwertung gefährdet sei. Das Vorhandensein lediglich kleinteiliger biologischer Abfälle stelle die Möglichkeit einer Verwertung nach § 7 GewAbfV demgegenüber nicht in Frage.
Fazit
Mit seiner Entscheidung hat das OVG Koblenz als erstes Obergericht unmissverständlich klargestellt, dass die in zahlreichen Krankenhäusern praktizierten Entsorgungskonzepte, nach denen – schon aus hygienischen und seuchenpräventiven Gründen – keine von Abfällen der AVV 18 01 04 getrennte Erfassung von Abfällen der AVV 20 03 01 erfolgt, nicht ohne Weiteres dazu führen, dass das Gesamtgemisch einer Überlassungspflicht an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger unterliegt. Vielmehr können die Abfallerzeuger bzw. -besitzer das Gemisch grundsätzlich auch unter dem Abfallschlüssel 18 01 04 einem privaten Entsorger zur Verwertung überlassen. Aber nicht nur für die Entsorgungssituation in Krankenhäusern, sondern für sämtliche Industrie- und Gewerbebetriebe, in denen Abfälle erzeugt werden, lässt sich der Entscheidung Wichtiges entnehmen: Anders, als von vielen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern behauptet, führt nämlich nach der klaren Aussage des OVG Koblenz gerade nicht jeder Verstoß gegen Getrennthaltungsgebote zu einer Überlassungspflicht des auf diese Art entstandenen Abfallgemischs an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Eine Überlassungspflicht besteht vielmehr im Einklang mit den Vorgaben der Abfallhierarchie nur dann, wenn eine hochwertige (energetische) Verwertung des unter Verstoß gegen Getrennthaltungsgebote entstandenen Gemischs aufgrund der Vermischung nicht mehr gewährleistet ist. Dann – und zwar nur dann – handelt es sich um Abfälle zur Beseitigung. Sind in dem Gemisch dagegen lediglich in kleinerem Umfang Beimengungen eigentlich getrennt zu haltender Abfälle zu finden (wie z. B. Speisereste aus den Büros und Kaffeeküchen der Mitarbeiter, Kehricht o. Ä.), so steht einer energetischen Verwertung des Abfallgemischs durch einen privaten Entsorger rechtlich nichts im Wege.