In einem aktuellen Beschluss vom 07.11.2007 (VII-Verg 34/07) hat das OLG Düsseldorf zur Bindung öffentlicher Auftraggeber an in der Vergabebekanntmachung getroffene Festlegungen zu Eignungsnachweisen Stellung genommen. Das OLG Düsseldorf hat erstmals zwischen dem Inhalt von Eignungsnachweisen und dem Zeitpunkt der Vorlage eben solcher differenziert. In der Sache hatte die Vergabestelle in der Vergabebekanntmachung zunächst bestimmte Eignungsnachweise (zwingend mit Angebotsabgabe) gefordert. In der anschließenden Aufforderung zur Angebotsabgabe ist sie zum Teil hiervon abgegangen und hat sich vorbehalten, bestimmte Nachweise noch nachträglich anzufordern. Zulässigerweise, so der Düsseldorfer Vergabesenat. Mit der Angebotsaufforderung dürfe ein öffentlicher Auftraggeber zwar die in der Vergabebekanntmachung angegebenen Eignungsnachweise in inhaltlicher Hinsicht nicht abändern oder ergänzen, sondern lediglich konkretisieren. Dies gelte indes nicht für den Zeitpunkt der Vorlage der Nachweise. Eine Vergabestelle habe bei der Aufforderung zur Angebotsabgabe ein Wahlrecht, ob Unterlagen zugleich mit dem Angebot oder auf Verlangen erst zu einem späteren Zeitpunkt vorgelegt werden müssten.
Wahlrecht betreffend des Zeitpunktes der Vorlage von Eignungsnachweisen
Das OLG Düsseldorf weist in seiner Begründung zunächst darauf hin, dass Eignungsnachweise im Rahmen eines offenen Vergabeverfahrens bereits zwingend in der Vergabebekanntmachung anzugeben seien. An die festgelegten Eignungsnachweise sei ein öffentlicher Auftraggeber sodann (inhaltlich) gebunden. Allerdings müsse eine Vergabestelle gemäß § 17 Nr. 3 Abs. 2 VOL/A auch in der Aufforderung zur Angebotsabgabe diejenigen Eignungsnachweise bezeichnen, die von Unternehmen mit dem Angebot vorzulegen seien. Daher habe der Auftraggeber die mit dem Angebot vorzulegenden Eignungsnachweise zu wiederholen. Dies bedeute, dass ein Auftraggeber sich im Zusammenhang mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe entscheiden müsse, ob und ggf. welche Eignungsunterlagen er mit dem Angebot beigebracht sehen oder ob er hinsichtlich bestimmter Unterlagen auf eine solche Beibringung verzichten und sich vorbehalten wolle, diese zu gegebener Zeit nachzufordern. Diese Entscheidung müsse der öffentliche Auftraggeber den Unternehmen mitteilen. Dementsprechend dürfe ein öffentlicher Auftraggeber die in der Vergabebekanntmachung getroffene Festlegung, wonach bestimmte Eignungsnachweise von den Bietern mit dem Angebot beizubringen seien, im Rahmen der Aufforderung zur Angebotsabgabe ändern, von einer Forderung ganz oder teilweise abrücken und sich vorbehalten, Eignungsnachweise nachzufordern. Eine Bindung des Auftraggebers bestehe nur im Hinblick auf den Inhalt der Eignungsnachweise. Hinsichtlich des Zeitpunktes einer Vorlage von Eignungsnachweisen sei eine Vergabestelle hingegen frei. Dies betreffe die seitens der Unternehmen beizubringenden Eignungsnachweise, aber auch die Forderung nach Eignungsnachweisen für Nachunternehmer sowie die im Falle eines Nachunternehmereinsatzes beizubringenden Verfügbarkeitsnachweise.
Fazit
Mit seiner Entscheidung betritt OLG Düsseldorf vergaberechtliches Neuland. Seine Differenzierung zwischen dem Inhalt von Eignungsnachweisen und deren Vorlagezeitpunkt und der bindungsrechtlichen Konsequenz für öffentliche Auftraggeber kann man zumindest als kühn bewerten. Denn entgegen der Ausführungen des Düsseldorfer Senats folgt aus den vergaberechtlichen Bestimmungen eine solche Differenzierung nicht. Dies erklärt vermutlich auch den Hinweis des Vergabesenates, dass er, „sofern die aktuelle Entscheidung von seinen früheren Entscheidungen abweiche, hieran nicht mehr festhalte“. Auch wenn diese Entscheidung zukünftig öffentlichen Auftraggebern mehr Flexibilität einräumt, dürfte sie wohl gleichzeitig zu (noch) mehr Rechtsunsicherheit führen. Öffentliche Auftraggeber müssen nunmehr zwingend nach der aktuellen Rechtsprechung die Anforderungen an Eignungsnachweise in der Angebotsaufforderung wiederholen – und müssen sich gut überlegen, welche Eignungsnachweise sie wann vorgelegt haben wollen. Unklarheiten gehen insoweit zu Lasten öffentlicher Auftraggeber! Bietern ist dringend anzuraten, in Bezug auf die Anforderungen zu Eignungsnachweisen sowohl die Vergabebekanntmachung als auch die Angebotsaufforderung genau – insbesondere im Hinblick auf etwaige Abweichungen betreffend des Vorlagezeitpunktes von Eignungsnachweisen – zu studieren. Im Zweifel sind Nachfragen dringend zu empfehlen! Im Ergebnis hat das OLG Düsseldorf seine zuvor äußerst strenge Rechtsprechung zu Eignungsnachweisen ein Stück weit „aufgeweicht“. Mit Spannung bleibt abzuwarten, ob auch andere Oberlandesgerichte sich dieser Auffassung anschließen werden.