Verpflichtungserklärungen zur Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen nach dem Tariftreue- und Vergabegesetz NRW („TVgG NRW“) dürfen vom Auftraggeber nicht als Mindestvoraussetzung für die Eignung der Bieter vorgegeben werden. Das hat das OLG Düsseldorf mit Beschluss vom 29.01.2014 (Verg 28/13) entschieden.
Sachverhalt
Zwei gesetzliche Krankenkassen schrieben gemeinsam einen Arzneimittelrabattvertrag für den Wirkstoff „Interferon-beta-1b“ aus. Da eine der Krankenkassen in Nordrhein-Westfalen und die andere in Brandenburg ansässig ist, wurde der Auftrag in zwei Gebietslose aufgeteilt. Für das Gebietslos 1, welches das Gebiet Nordrhein-Westfalen umfasste, sah die Bekanntmachung zur Darlegung der persönlichen Lage der Bieter jeweils die Abgabe einer Verpflichtungserklärung zur Berücksichtigung sozialer Kriterien (konkret: der ILO-Kernarbeitsnormen) nach den Vorgaben des TVgG NRW vor. Ein Bieter beanstandete das Abfordern einer derartigen Verpflichtungserklärung als vergabe- und verfassungsrechtswidrig und leitete ein Nachprüfungsverfahren ein.
Entscheidung
Das OLG Düsseldorf gibt dem Bieter jedenfalls im Ergebnis Recht. Das Abfordern von Verpflichtungserklärungen nach § 18 Abs. 1 und 2 TVgG NRW zum Nachweis der persönlichen Lage des Bieters sei vergaberechtswidrig. Denn die Vorgabe, die ILO-Kernarbeitsnormen einzuhalten, stelle keine Eignungsanforderung, sondern eine zusätzliche Bedingung bzw. Anforderung an die Auftragsausführung im Sinne des § 97 Abs. 4 Satz 2 GWB dar. Die Verpflichtungserklärung könne somit nicht als Mindestanforderung an die Eignung verlangt werden, sondern lediglich als vertragliche Erklärung.
Eine Verfassungswidrigkeit des § 18 TVgG NRW vermag das OLG Düsseldorf demgegenüber aber nicht zu erkennen. Die Gesetzgebungskompetenz des Landes ergebe sich dabei aus Artikel 70 i. V. m. Artikel 72 Abs. 1 des Grundgesetzes („GG“).
Fazit
Im Ergebnis lässt sich der Entscheidung des OLG Düsseldorf entnehmen: Öffentliche Auftraggeber in NRW dürfen Verpflichtungserklärungen zur Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen im Vergabeverfahren fordern – allerdings nicht als Eignungsnachweis! Entsprechendes dürfte auch für Auftraggeber in anderen Bundesländern gelten, in denen vergleichbare Landesvergabegesetze wie in NRW existieren.