Ein Anspruch auf Mehrkostenvergütung kann bestehen, wenn die Verzögerung des Vergabeverfahrens und der dieses abschließende Zuschlagserteilung eine Veränderung der beiderseitigen Leistungspflichten zur Folge hat. Dies ist dann der Fall, wenn der verzögerte Zuschlag eine Verschiebung der ursprünglich vorausgesetzten Bauzeit verursacht hat und dies wiederum kausal für die geltend gemachten Mehrkosten ist. Beruft sich der Auftragnehmer auf § 2 Nr. 5 VOB/B, muss er die während der tatsächlichen Bauausführung entstandenen Kosten einerseits und diejenigen (hypothetischen) Kosten andererseits, die ihm bei Einhaltung der ursprünglich geplanten Bauzeit entstanden wären, darlegen und beweisen. Zum Nachweis der hypothetischen Kosten ist erforderlich, dass der Auftragnehmer für die kalkulierten Preise über verbindliche Preiszusagen verfügt. Ein Verweis auf die dem Angebot zu Grunde gelegte Kalkulation ist nicht ausreichend (OLG Dresden, Beschluss vom 28.06.2012, –16 U 831/11 –; BGH, Beschluss vom 21.03.2013, – VII ZR 211/12).
In dem aktuell entschiedenen Fall hat der Auftraggeber aufgrund von zwei Vergabenachprüfungsverfahren den Zuschlag für eine Straßenbaumaßnahme auf das Angebot des Auftragnehmers nicht wie ursprünglich vorgesehen zum 08.11.2005, sondern erst am 28.03.2006 erteilt. Als Bauzeitende sieht der Auftrag – statt des 31.08.2007 – den 30.11.2007 vor. Der Auftragnehmer machte aufgrund der Verzögerung Mehrvergütung in Höhe von 1,3 Mio. Euro geltend. Das Landgericht sprach ihm 1,1 Mio. Euro zu, weil Schnittgut und Bitumen bei einer Auftragserteilung im Jahre 2005 aufgrund verbindlicher Zusagen seiner Lieferanten zu günstigeren Preisen zu erlangen gewesen wären. Dagegen wendete sich der Auftraggeber mit der Begründung, dass der Auftragnehmer als Bieter das Risiko von Preissteigerungen zu tragen habe. Diesem Argument ist das OLG Dresden nicht gefolgt.
Der Auftragnehmer kann eine Vergütung seiner Mehrkosten verlangen. Das Gericht stellt klar, dass es zum Nachweis der hypothetischen Kosten nicht ausreicht, alleine auf die dem Angebot zu Grunde gelegte Kalkulation zu verweisen. Das hat im vorliegenden Fall der Auftragnehmer auch nicht getan. Vielmehr hat die Beweisaufnahme ergeben, dass der Auftragnehmer für die kalkulierten Preise über verbindliche Preiszusagen von Lieferanten bzw. Nachunternehmern verfügte. Diese Preiszusagen erstreckten sich über die gesamte ursprünglich vorgesehene Ausführungsfrist.
§ 2 Nr. 5 VOB/B gibt dem Auftragnehmer einen Anspruch auf Mehrkostenvergütung unter Aufrechterhaltung und Fortschreibung der ursprünglichen Preiskalkulation. So wird sichergestellt, dass der Auftragnehmer über den Nachtrag weder einen nicht kalkulierten zusätzlichen Gewinn erzielt, noch einen zusätzlichen Verlust erleidet. Gewinne und Verluste des Auftragnehmers aus der Vergabe von Lieferanten- und Nachunternehmerverträgen bleiben daher grundsätzlich betragsmäßig erhalten.