Etwas mehr als ein Jahr ist Microsofts Übernahme von Nokia her. Es war ein Donnerschlag: Das Urgestein der Mobiltelefonie geht in einem Software-Riesen auf. Das Smartphone-Zeitalter hatte die Handy-Epoche überholt. Nichts sollte der finnischen Nokia noch bleiben, was mit Mobiltelefonie in Verbindung steht. Nokia – das war ab sofort ein Netzwerkausrüster und Hersteller von Navigationsgeräten. Für Microsoft war die Übernahme eine Chance, das Know-how und die Kundenbindung an Nokia-Produkte für sich zu nutzen und Synergien durch eigene Fertigkeiten zu heben. In der letzten Woche dann plötzlich eine neue Meldung:
Nokia plant die Rückkehr in den Markt für Mobiltelefonie. Wie Microsoft dieses Comeback bewertet, ist nicht bekannt.
Der Fall wirft allerdings die interessante Frage auf, ob der Käufer eines Unternehmens überhaupt rechtlich in der Lage ist, ein Comeback des Verkäufers zu verhindern. Das Interesse des Käufers hieran liegt auf der Hand. Wer einen Wettbewerber übernimmt, hofft nicht nur auf den Absatz der damit eingekauften Produktpalette, sondern auch auf die Reduzierung des Wettbewerbsdrucks. Es macht wenig Sinn, einzelne Produkte in das eigene Angebot zu integrieren, wenn der Wettbewerber sogleich die Version 2.0 rausbringt.
Dies wird auch in der deutschen Rechtspraxis und Rechtsprechung seit Langem anerkannt. Deshalb finden sich heute in nahezu allen Unternehmenskaufverträgen Regelungen, die dem Verkäufer den Wettbewerb zum Käufer untersagen. Der BGH ging schon im Jahr 1954 davon aus, dass Wettbewerbsverbote sogar zum ungeschriebenen Inhalt solcher Verträge gehören (BGH, Urteil vom 18.12.1954 – II ZR 76/54).
Solche Wettbewerbsverbote unterliegen allerdings dem Kartellrecht. Sie können sowohl nach deutschem als auch nach europäischem Recht nur zeitlich begrenzt vereinbart werden. In aller Regel werden Zeiträume von zwei bis drei Jahren als angemessen erachtet, damit sich der Erwerber am Markt mit dem erworbenen Unternehmen neu ausrichten kann, bevor der alte Teilnehmer wieder auftritt. Allerdings können durchaus auch kürzere Zeiträume geboten sein oder ganz ausnahmsweise sogar längere Zeiträume vereinbart werden. Die Grenzen sind hier sehr individuell zu ziehen.
Dauerhaft kann man daher Wettbewerb durch den Erwerb eines Unternehmens nicht verhindern.
Der Nokia-Fall hat überdies die Besonderheit, dass Microsoft bestimmte Produktnamen, nicht aber die Marke „Nokia“ übernommen hat. Dies macht den Wiedereintritt von Nokia in den Mobiltelefon-Markt deutlich einfacher und brisanter, weil jeder Marktteilnehmer das Know-how der neuen Telefone automatisch mit dem Traditionsunternehmen verbindet. Das Comeback wird so am Produkt-Label erkennbar.
Um den Wettbewerbsdruck langfristig abzumildern, kann es hilfreich sein, die „Dachmarke“ zu erwerben. Das dürfte den Kaufpreis für ein Unternehmen erhöhen, ist aber aus strategischer Sicht durchaus eine Überlegung wert. Die Geschichte von Nokia und Microsoft zeigt nämlich, dass ein neuer Markteintritt unter einer altbekannten Marke ein öffentlichkeitswirksames Comeback mit sich bringt, auch wenn das ganze altbekannte Know-how beim Erwerber liegt.