Praxistipp
Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung zu einer beabsichtigten personellen Einzelmaßnahme (z.B. Einstellung), kann der Arbeitgeber die Maßnahme gleichwohl gemäß § 100 BetrVG vorläufig durchführen, wenn sie aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist. Auch wenn der Betriebsrat die Dringlichkeit bestreitet, kann der Arbeitgeber die vorläufige personelle Maßnahme weiter aufrecht erhalten, so lange er innerhalb von drei Tagen beim Arbeitsgericht sowohl die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats als auch die Feststellung beantragt, dass die personelle Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war. Erkennt der Arbeitgeber, dass aufgrund eines Fehlers – beispielsweise im Einstellungsvorgang – das Arbeitsgericht die fehlende Zustimmung des Betriebsrats zur personellen Einzelmaßnahme nicht ersetzen wird, sollte er erneut ein Zustimmungsgesuch zur Besetzung derselben Stelle mit demselben Bewerber gemäß § 99 BetrVG an den Betriebsrat richten. Im Rahmen dieser vorsorglichen Wiederholung des Zustimmungsgesuches können dann die etwaigen Fehler des ersten Beteiligungsverfahrens korrigiert werden, während die personelle Maßnahme während der gesamten Zeit tatsächlich aufrecht erhalten bleibt.
Die Einzelheiten
In dem der Entscheidung des BAG zugrunde liegenden Verfahren bat der Arbeitgeber den Betriebsrat zunächst um Zustimmung zu einer geplanten personellen Einzelmaßnahme in Form einer Einstellung, die der Betriebsrat verweigerte. Zugleich erklärte der Arbeitgeber, dass er die Einstellung gemäß § 100 BetrVG vorläufig durchführen werde. Der Betriebsrat bestritt, dass dies dringend erforderlich sei. Aufgrund der vom Arbeitgeber gemäß §§ 99 Abs. 4, 100 Abs. 2 BetrVG gestellten Anträge führten Arbeitgeber und Betriebsrat sodann ein Zustimmungsersetzungsverfahren vor dem Arbeitsgericht. Die Einstellung des Arbeitnehmers wurde vom Arbeitgeber tatsächlich vollzogen. Nachdem der Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht zunächst mit seinen Anträgen erfolgreich gewesen war, erkannte er im Rahmen des Beschwerdeverfahrens, das der Betriebsrat eingeleitet hatte, dass das LAG den Zustimmungsersetzungsantrag wegen eines Fehlers im Einstellungsvorgang voraussichtlich zurückweisen würde. Die Konsequenz wäre gewesen, dass der Arbeitgeber die Einstellung des seit mittlerweile für mehr als ein Jahr tatsächlich tätigen Mitarbeiters hätte aufheben müssen. Um diesem Risiko im Hinblick auf die bevorstehende Entscheidung des LAG zu entgehen, wiederholte der Arbeitgeber während der Anhängigkeit des gerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens das Zustimmungsersuchen im Hinblick auf dieselbe Stelle und denselben „Bewerber“. Erwartungsgemäß verweigerte der Betriebsrat erneut seine Zustimmung. Der Arbeitgeber korrigierte bei diesem zweiten Zustimmungsersuchen den von ihm mittlerweile erkannten Fehler im Rahmen des vorangegangenen Stellenbesetzungsverfahrens. Wegen der vom Betriebsrat erneut erklärten Zustimmungsverweigerung leitete der Arbeitgeber ein zweites Zustimmungsersetzungsverfahren beim Arbeitsgericht ein. Da der Arbeitgeber wiederum die Dringlichkeit der Einstellung geltend machte und einen entsprechenden Antrag gemäß § 100 Abs. 2 BetrVG beim Arbeitsgericht stellte, konnte er die tatsächliche Beschäftigung des Arbeitnehmers fortsetzen. Das ursprüngliche (fehlerbehaftete) Zustimmungsersuchen nahm der Arbeitgeber gegenüber dem Betriebsrat zurück und erklärte das beim LAG anhängige gerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren für erledigt.
Der Betriebsrat war der Meinung, dass der Arbeitgeber ein einmal gestelltes Zustimmungsgesuch nicht einfach habe zurücknehmen können und sich deshalb das gerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren nicht erledigt habe. Nach Auffassung des Betriebsrats habe der Arbeitgeber auch nicht beliebig oft und zudem während des Laufs eines gerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens einen neuen Stellenbesetzungsvorgang einleiten können. Der Betriebsrat verfolgte mit dieser Argumentation erkennbar das Ziel, dass es dem Arbeitgeber verwehrt bleiben soll, einmal erkannte Fehler im Rahmen eines Einstellungsvorgangs später zu korrigieren und durch eine taktisch kluge Vorgehensweise im Umgang mit den Zustimmungsersetzungsverfahren eine nahtlose Beschäftigung des „Bewerbers“ zu ermöglichen.
Das BAG gab dem Arbeitgeber Recht. Zunächst stellte es klar, dass es dem Arbeitgeber unbenommen sei, ein an den Betriebsrat gerichtetes Ersuchen um Zustimmung zu einer Einstellung zurückzuziehen und hierdurch auch einem bei einem Gericht anhängigen Zustimmungsersetzungsbegehren die Grundlage entzogen werde, so dass das Verfahren sich objektiv erledige. Die Erledigung des gerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens tritt nach Auffassung des BAG auch dann ein, wenn der Arbeitgeber zuvor einen neuen Bewerbungs- und Stellenbesetzungsvorgang nach § 99 Abs. 1 BetrVG samt eines weiteren Zustimmungsersetzungsverfahrens vor dem Arbeitsgericht eingeleitet hat. Der Arbeitgeber sei nicht gehindert, noch während des Laufs des gerichtlichen Verfahrens über die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats für dieselbe Stelle mit einem neuen Besetzungsvorgang nach § 99 BetrVG zu beginnen. Besonders hervorzuheben ist die Klarstellung des BAG, dass die §§ 99 ff. BetrVG dem Arbeitgeber durchaus ermöglichen, frühere Fehler zu korrigieren, indem er wiederholte Zustimmungsersuchen an den Betriebsrat zur Besetzung derselben Stelle mit demselben Bewerber richte.