Praxistip:
Das Gericht hat mit den beiden Entscheidungen erneut die strengen Anforderungen an die Anmeldung von dreidimensionalen Marken bekräftigt. Wegen der weitreichenden Wirkung des Markenschutzes dürfen die Anforderungen an die erforderliche Unterscheidungskraft bei dreidimensionalen Marken nicht zu niedrig sein, um eine Monopolisierung von einfachen Produktformen zu verhindern. Vor einer Anmeldung von dreidimensionalen Marken sollte daher die Eintragungsfähigkeit geprüft werden.
Einzelheiten:
Die Klägerin, ein großer deutscher Süßwarenproduzent, hat im Jahr 1998 beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt („HABM“), zwei dreidimensionale Gemeinschaftsmarken für ihr Produkt „Werther’s Echte“ angemeldet. Die erste Markenanmeldung betraf eine dreidimensionale Form, die einen hellbraunen Bonbon darstellt:
Bild einfügen
Die zweite Markenanmeldung umfasste die perspektivische Darstellung einer zusammengedrehten Verpackungsform (Wicklerform):
Bild einfügen
Das HABM wies beide Anmeldungen mit der Begründung zurück, dass die angemeldeten Marken keine Unterscheidungskraft hätten. Sie hätten auch durch ihre Benutzung keine Unterscheidungskraft erworben. Die Beschwerden blieben erfolglos. Die Klägerin erhob daher Klage vor dem Gericht 1. Instanz der Europäischen Gemeinschaften, um die Entscheidungen aufzuheben.
Das Gericht 1. Instanz hat die Klagen abgewiesen.
Nach Artikel 4 der Verordnung über die Gemeinschaftsmarke („GMV“) kann die Form oder die Aufmachung einer Ware nur dann als Gemeinschaftsmarke eingetragen werden, wenn sie geeignet ist, die Waren eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b GMV sind Zeichen, die keine Unterscheidungskraft haben, von der Eintragung ausgeschlossen.
Nach Ansicht des Gerichts 1. Instanz liegt die erforderliche Unterscheidungskraft der Marken nicht vor. Die erste Marke der Klägerin bestehe aus einer Kombination von Gestaltungsmerkmalen, an die der Verbraucher bei den betreffenden Waren in selbstverständlicher Weise denke und die für diese Waren typisch seien. Die Form unterscheide sich nicht wesentlich von anderen handelsüblichen Grundformen dieser Produkte. Sie wirke lediglich wie eine ihrer Varianten. Den Verbrauchern werde daher nicht ermöglicht, die Bonbons der Klägerin von Bonbons anderer betrieblicher Herkunft zu unterscheiden. In gleicher Weise argumentiert das Gericht 1. Instanz bei der zweiten Marke. Diese bestehe aus der Form einer zusammengedrehten Verpackung, deren Form- und Farbkombination nicht weit genug von den Grundformen entfernt sei, die für die Verpackung von Bonbons oder Karamellbonbons häufig verwendet werden. Die zusammengedrehte Verpackung (Wicklerform) sei als typische Verpackung dieser Waren nahe liegend. Die Marke sei daher nicht geeignet, von den Verbrauchern als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren im Gedächtnis behalten zu werden.
Die Marke habe auch nicht infolge ihrer Benutzung Unterscheidungskraft erlangt (Artikel 7 Abs. 3 GMV). Nach Auffassung des Gerichts 1. Instanz hatte die Klägerin diese Voraussetzung nicht hinreichend belegt.