Das LAG Köln hat mit einer Entscheidung vom 25.02.2025 (Az. 7 SLa 456/24) die Rechtsprechung bestätigt, nach der ein Arbeitgeber zur Befriedung eines Konflikts zwischen Arbeitnehmern am Arbeitsplatz einen Arbeitnehmer auch ohne nachgewiesene Pflichtverletzung versetzen kann.
Der klagende Arbeitnehmer soll nach Angaben einer Kollegin diese sexuell belästigt haben. Der Arbeitgeber führte daraufhin Befragungen durch, mahnte den Arbeitnehmer ab und versetzte ihn an einen anderen Standort. Der Arbeitnehmer wandte sich gerichtlich gegen Abmahnung und Versetzung. Die gerichtliche Beweisaufnahme kam später zu dem Ergebnis, dass eine sexuelle Belästigung nicht nachgewiesen werden konnte.
Während die ausgesprochene Abmahnung damit unwirksam war, nahm das LAG Köln die Rechtmäßigkeit der Versetzung an. Diese entspreche insbesondere billigem Ermessen, der Nachweis einer Pflichtverletzung des Arbeitnehmers sei keine Tatbestandsvoraussetzung für die Versetzung. Unter Verweis auf Rechtsprechung des BAG (Urt. v. 24.10.2018, Az. 10 AZR 19/18) nahm das Gericht an, dass es Sache des Arbeitgebers sei zu entscheiden, wie er auf Konfliktlagen reagieren wolle. Der Arbeitgeber müsse dabei nicht zunächst die Ursachen und Verantwortlichkeiten für die entstandenen Konflikte im Einzelnen aufklären. Er verletze seinen Ermessensspielraum erst, wenn er sich bei der Konfliktlösung von offensichtlich sachfremden Erwägungen leiten lasse.
Das LAG Köln bestätigt damit die etablierte Rechtsprechung zu Konflikten zwischen Arbeitnehmern am Arbeitsplatz, die das Betriebsklima belasten. Insoweit wird angenommen, dass der Arbeitgeber vor einer Versetzung eines Arbeitnehmers nicht gehalten ist, den „Schuldigen“ zu ermitteln. Der Arbeitgeber hat allerdings im Streitfall die Konfliktlage nebst Auswirkungen konkret darzulegen und ggf. zu beweisen (vgl. nur LAG Rheinland-Pfalz Urt. v. 25.08.2020, Az. 8 Sa 427/19).
Im Fall des Vorwurfs einer sexuellen Belästigung durch einen anderen Arbeitnehmer hat der Arbeitgeber – anders als bei sonstigen Konflikten zwischen Arbeitnehmern – den Vorwurf dagegen grundsätzlich, soweit möglich, aufzuklären. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass der Arbeitgeber, wenn sich der Vorwurf bewahrheitet, nach § 12 Abs. 3 AGG verpflichtet ist, die im Einzelfall geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zur Unterbindung des Verhaltens zu ergreifen. Eine solche Maßnahme kann über eine Versetzung hinausgehen, je nach Umständen des Einzelfalles ist eine (ggf. außerordentliche und fristlose) Kündigung erforderlich. Wenngleich das LAG Köln eine Aufklärungspflicht nicht thematisiert, sondern sogar annimmt, dass der Arbeitgeber „überobligatorisch alles getan“ habe, um den Sachverhalt aufzuklären, stellt eine Situation, in der der Vorwurf einer sexuellen Belästigung letztlich nicht nachgewiesen werden kann, im Ergebnis einen das Betriebsklima beeinträchtigenden Konflikt in dem genannten Sinne dar, auf den mit einer Versetzung reagiert werden kann.
Eine Versetzung im Rahmen des Weisungsrechts nach § 106 Satz 1 GewO setzt dabei voraus, dass arbeitsvertraglich kein konkreter Arbeitsort vereinbart wurde. Die Versetzung muss zudem billigem Ermessen entsprechen. Dies ist der Fall, wenn das Interesse des Arbeitgebers an der Versetzung das Interesse des Arbeitnehmers, nicht versetzt zu werden, überwiegt. Das Ergreifen einer Maßnahme zur Beendigung der Konfliktlage stellt dabei ein anerkennenswertes Interesse des Arbeitgebers dar. In Betrieben mit Betriebsrat ist schließlich vor der Versetzung nach § 99 Abs. 1 BetrVG dessen Zustimmung einzuholen.
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