Mit Beschluss vom 13. Mai 2025 hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass gemäß einer richtlinienkonformen Auslegung nur eine Energieanlage, die kein Verteilernetz ist, als Kundenanlage eingestuft werden kann. Nachdem der BGH hierzu bislang nur eine kurze Pressemeldung veröffentlicht hatte, liegen nun seine lang erwarteten Entscheidungsgründe vor.
Konkret ging es um eine geplante Versorgung zweier Gebiete von vier Wohnblöcken mit 96 Wohneinheiten bzw. von sechs Wohnblöcken mit 160 Wohneinheiten durch jeweils ein Blockheizkraftwerk zur Erzeugung von Wärme und Strom. Die Betreiberin der beiden Kraftwerke begehrte den Anschluss zweier getrennter elektrischer Leitungssysteme als Kundenanlage nach § 3 Nr. 24a EnWG an das örtliche elektrische Verteilnetz sowie die Bereitstellung der erforderlichen Zählpunkte.
In Übereinstimmung mit der strengen Auslegung des von ihm zuvor angerufenen Europäischen Gerichtshofs (EuGH) wies der BGH die Beschwerde der Betreiberin zurück: Die Leitungssysteme seien selbst als Verteilernetze einzustufen. Sie bildeten ein Netz, das der Weiterleitung von Elektrizität mit Hoch-, Mittel- oder Niederspannung diene, die zum Verkauf an Großhändler und Endkunden bestimmt sei. Entsprechend der Auslegung des EuGH seien hingegen irrelevant: die Größe der Anlage, die Anzahl der angeschlossenen Erzeugungs- und Verbrauchseinheiten sowie der Betreiber der Anlage.
Über den eigentlichen Fall hinaus stellt sich die Frage, ob es überhaupt noch einen richtlinienkonformen Anwendungsbereich für die von der Regulierung ausgenommene Kundenanlage gibt.
Der BGH beantwortet diese Frage insoweit positiv, als er zumindest Leitungssysteme, die der Eigenversorgung der Betreiber dienen, als erfasst sieht. Dazu zählen beispielsweise mit Erzeugungsanlagen verbundene Leitungssysteme, die von Eigentümern einer Wohnungseigentumsanlage oder von Grundstückseigentümern gemeinsam betrieben und genutzt werden. Profitieren könnten somit Mehrpersonenverhältnisse, denen die Bundesnetzagentur traditionell eher skeptisch gegenübersteht.
In unserer Beratungspraxis ist es nun relevant, im Einzelnen die Spielräume auszuloten, die nach der BGH-Entscheidung verbleiben, um so die bestmögliche Lösung für unsere Mandanten zu finden. So wären nicht nur die internen Leitungssysteme in Mehrfamilienhäusern von einer Regulierung als Netz ersichtlich überfordert. Eine entsprechende Klarstellung hatte der BGH in seiner Vorlage an den EuGH auch implizit angeregt. Darauf ist der EuGH jedoch nicht eingegangen.
Umso wichtiger ist es nun, regulatorische Risiken in spezifischen Kundenanlagen neu zu bewerten. Dies dürfte aufgrund der inhaltlichen Überschneidungen auch für Leitungssysteme gelten, die bislang als Kundenanlagen zur betrieblichen Eigenversorgung gemäß § 3 Nr. 24b EnWG eingestuft wurden.
Im Interesse der Rechtssicherheit wäre es im Übrigen am besten, wenn es direkt in der Strombinnenmarktrichtlinie zu Klarstellungen kommen könnte. Das sollte nationale Akteure wie die Bundesnetzagentur und das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie jedoch nicht davon abhalten, ihre eigenen Spielräume zu nutzen.