Praxistipp
Ob das verspätete Erscheinen am Arbeitsplatz ein Kündigungsgrund sein kann oder nicht, hängt im Wesentlichen davon ab, ob es zu wiederholten Vertragsverletzungen dieser Art gekommen ist und dem Arbeitnehmer deswegen Abmahnungen erteilt wurden. Da in aller Regel mehrfache Vorfälle dieser Art vorliegen müssen, um die Schwelle zur Kündigungsberechtigung zu überschreiten, ist eine lückenlose Dokumentation der einzelnen Verspätungen und der erteilten Abmahnungen dringend erforderlich. Dies kann in aller Regel nur über eine schriftliche Erfassung der Vorfälle und eine schriftliche Erteilung der Abmahnungen gewährleistet werden.
Einzelheiten
Der klagende Arbeitnehmer war Servicemitarbeiter in einer Autowaschstraße. Die Arbeit erfolgte in einer Drei-Mann-Gruppe. Sofern sich ein Mitarbeiter in der Gruppe verspätete, musste einer der beiden anderen Mitarbeiter dessen Arbeitsaufgaben neben seinen eigentlichen Aufgaben mit übernehmen. Der Kläger erschien während eines Zeitraums von eineinhalb Jahren an 15 Tagen zu spät zur Arbeit und war deshalb mehrfach abgemahnt worden. Zuletzt geschah dies noch an den beiden Tagen vor Ausspruch der Kündigung, weil der Kläger auch an diesen Tagen zu spät an seinem Arbeitsplatz erschienen war. Zur Kündigung führte dann eine verspätete Arbeitsaufnahme von fünf Minuten.
Das LAG stellte zunächst fest, dass das wiederholte Zuspätkommen zur Arbeit nach vorangegangener einschlägiger Abmahnung grundsätzlich eine ordentliche Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen sozial rechtfertigen könne. Kämen dann noch, wie in dem vom LAG zu entscheidenden Fall, nachteilige Folgen in Form von Betriebsablaufstörungen oder Störungen des Betriebsfriedens hinzu, so sei dies erschwerend zu berücksichtigen. Auch eine nur geringfügige Verspätung von fünf Minuten sei an sich geeignet, einen Kündigungsgrund i. S. v. § 1 Abs. 2 KSchG darzustellen, sofern der Arbeitnehmer zuvor zahlreiche Male unpünktlich zur Arbeit erschienen und auch bereits einschlägig abgemahnt worden sei.
Bemerkenswert ist im Zusammenhang mit der Entscheidung des LAG, dass im Rahmen der Interessenabwägung nicht nur die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber dem zu spät kommenden Arbeitnehmer, sondern auch diejenige gegenüber den Arbeitskollegen berücksichtigt wurde, die durch das Verhalten des Klägers dessen Arbeitsaufgaben zeitweise mit erledigen mussten.