Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat kürzlich in einem Beschluss zur Frage der Reichweite des novellierten § 9 Abs. 9 des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes („ElektroG“) Stellung genommen (Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 19.11.2012, 17 L 1720/12). Nach der Neufassung dieser Norm im Zuge des Erlasses des Kreislaufwirtschaftsgesetzes („KrWG“) im Jahre 2012 ist die Erfassung von dem Anwendungsbereich des ElektroG unterfallenden Elektro- und Elektronikaltgeräten ausschließlich durch öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, Vertreiber und Hersteller durchzuführen.
Hintergrund der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung war eine auf § 62 KrWG in Verbindung mit § 2 Abs. 3 Satz 2 ElektroG gestützte Ordnungsverfügung, die einem privaten Entsorgungsunternehmen, das Altgeräte aus dem gewerblich-industriellen Bereich angenommen hatte, die weitere Annahme dieser Geräte untersagte. Dagegen ging das betroffene Unternehmen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vor. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf bestätigte die Rechtmäßigkeit der behördlichen Untersagung.
Geltung des § 9 Abs. 9 ElektroG für alle Altgeräte
Das Verwaltungsgericht stellte in seiner Entscheidung zunächst fest, dass es nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 1 ElektroG, auf den sich der § 9 Abs. 9 ElektroG beziehe, irrelevant sei, ob die Altgeräte aus dem privaten oder gewerblichen Bereich stammten. Eine Beschränkung der Erfassung auf Altgeräte aus Privathaushalten gebe es gerade nicht, so dass hinsichtlich der Erfassung alle Altgeräte gleich zu behandeln seien.
Keine Gestattungswirkung einer BImSchG-Genehmigung
Ferner wies das Verwaltungsgericht Düsseldorf darauf hin, dass die bundesimmissionsschutzrechtliche Genehmigung zum Betrieb der Anlage, über die das klagende Unternehmen verfügte, ebenfalls irrelevant sei. Die Konzentrationswirkung einer solchen Genehmigung entbinde nicht von der Einhaltung zwingenden Rechts, wie der Vorschriften des ElektroG. Die Gestattungswirkung der bundesimmissionsschutzrechtlichen Genehmigung könne sich nicht auf die Genehmigung der Erfassung von Altgeräten nach ElektroG beziehen. Ein förmlicher Erlaubnisverwaltungsakt, die Erfassung nach § 9 Abs. 1 ElektroG durchführen zu dürfen, sei gesetzlich nicht vorgeschrieben.
Beschluss im einstweiligen Rechtsschutz
Zunächst ist festzustellen, dass es sich bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf um einen Beschluss im einstweiligen Rechtsschutz handelt, dem lediglich eine summarische, also eine auf die wesentlichen Aspekte beschränkte, Prüfung der Rechtslage zugrunde liegt und der ohne mündliche Verhandlung ergangen ist. Insofern weist die Entscheidung bereits vorläufigen Charakter auf. Eine Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache, in der sowohl eine vollumfängliche Prüfung als voraussichtlich auch eine mündliche Verhandlung stattfinden werden, steht noch aus. Gleichwohl wird dieser Beschluss von Behörden bei ihren Entscheidungen genutzt (vgl. Rundschreiben des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 19.12.2012 [Az. IV-2-422.10.03]), so dass er im Vollzug in der Praxis zu Konflikten führen kann.
Auswirkungen und Kritik
Der Beschluss enthält eine grundlegende Aussage zur Geltung des § 9 Abs. 9 ElektroG und der grundsätzlichen Verantwortlichkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, Vertreiber und Hersteller für die Erfassung von Altgeräten. Eine weitergehende Aussage, insbesondere über die Möglichkeit einer Beauftragung von privaten Entsorgungsunternehmen in diesem Verantwortungsbereich, hat das Gericht jedoch wegen des begrenzten Klagegegenstandes nicht getroffen. Ob und welche Möglichkeiten es für Entsorgungsunternehmen gibt, als Drittbeauftragte eines Herstellers, Vertreibers oder öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nach § 20 ElektroG tätig zu werden, musste das Verwaltungsgericht nicht untersuchen.
Ferner setzte sich das Gericht nicht mit § 10 Abs. 2 ElektroG auseinander, der die Rücknahmepflichten der Hersteller konkretisiert und eine Differenzierung für die Rücknahme von Altgeräten anderer Nutzer als privater Haushalte und Altgeräten aus privaten Haushalten trifft. Insofern verkannte das Gericht, dass die Herkunft der Altgeräte durchaus bei der Rücknahme eine Rolle spielen kann.
Gestaltungsmöglichkeiten
Vieles spricht dafür, dass auch nach dieser Entscheidung Freiräume für eine Tätigkeit von privaten Entsorgungsunternehmen verbleiben. Solche bestehen beispielsweise im Rahmen einer Beauftragung durch den Hersteller oder Vertreiber nach § 20 ElektroG. Diese Einschätzung deckt sich auch mit der Begründung des Gesetzesentwurfes der Bundesregierung zum KrWG, die lediglich davon ausgeht, dass eine Sammlung durch nicht beauftragte Dritte weder erlaubt noch genehmigungsfähig sein soll. Im Umkehrschluss können Sammlungen durch beauftragte Dritter, wie private Entsorgungsunternehmen, zulässig sein. Außerdem können sich öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger im Rahmen ihrer Verantwortung für die Einrichtung und den Betrieb von Sammelstellen für Altgeräte aus privaten Haushaltungen nach § 9 Abs. 2 bis 4 ElektroG eines privaten Entsorgungsunternehmens unter der Wahrung der vergaberechtlichen Vorschriften bedienen und diese beispielsweise bei der Errichtung eines Holsystems mit der Erfassung der Elektrogeräte bei privaten Haushaltungen oder beim Betrieb von Sammelstellen beauftragen.
Nach § 10 Abs. 2 Satz 3 ElektroG ist zudem die Möglichkeit einer jederzeitigen Vereinbarung zwischen Hersteller und Nutzer für Altgeräte anderer Nutzer als privater Haushalte, die nach dem 13.08.2005 in Verkehr gebracht worden sind, gegeben. Sofern Hersteller und Nutzer vereinbaren sollten, dass keine Rücknahmepflichten der Hersteller für Altgeräte bestehen, bleibt es bei solchen Geräten bei der Grundregel des § 17 Abs. 1 Satz 2 KrWG. Danach unterliegen Abfälle zur Verwertung aus sonstigen Herkunftsbereichen (z. B. Gewerbe und Industrie) nicht der Überlassungspflicht an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Damit erscheint auch hier eine Rücknahme vom gewerblichen Nutzer durch ein Entsorgungsunternehmen möglich, ohne dass dieses durch Vertreiber, Hersteller oder öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger beauftragt werden muss.
Auch für Geräte, die vor dem 13.08.2005 in Verkehr gebracht worden sind (sog. historische Altgeräte), obliegt die Entsorgungspflicht dem aktuellen Besitzer. Für diesen Bereich ist ebenfalls die Grundregel des § 17 Abs. 1 Satz 2 KrWG zu beachten. Damit erscheint auch in diesem Bereich eine Rücknahme vom aktuellen Besitzer durch ein Entsorgungsunternehmen ohne Beauftragung durch Vertreiber, Hersteller oder öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger möglich.
Eine Rücknahme von Elektrogeräten aus privaten Haushalten durch private Entsorgungsunternehmen ist zudem denkbar, soweit keine Rückgabepflichten nach ElektroG oder Andienungs- bzw. Überlassungspflichten nach KrWG eingreifen sollten. Eine Einschränkung oder ein Ausschluss dieser Pflichten ist im Einzelfall, z. B. auf Grundlage einer kommunalen Satzungsbestimmung, denkbar.
Praktische Empfehlung
In der Praxis erscheint die Beauftragung privater Entsorgungsunternehmer durch Hersteller und Vertreiber mit der Erfassung von Elektroaltgeräten aus privaten Haushalten sowie gewerblichen/ industriellen Anfallstellen als einfachste gangbare Möglichkeit. Auch Vereinbarungen zwischen Herstellern und Nutzern sind möglich, allerdings sind solche mit weitaus höherem Aufwand, vor allem hinsichtlich der Dokumentation, verbunden.