Nach der Abrechnung restlichen Honorars für Planungsleistungen bei einem Bauwerk zieht der Bauherr dem Ingenieur 15 % des Rechnungsbetrages ab und meint, er müsse diesen Betrag an das Finanzamt abführen, weil es sich um Bauleistungen im Sinne von § 48 EStG handele. Dieser Streit gelangt bis zum Bundesgerichtshof, der mit Urteil vom 07.07.2005 (Az.: VII ZR 430/02) zu Gunsten des Ingenieurs entschied.
Der BGH erklärt, dass weder Planungs- noch Bauaufsichtsleistungen von Ingenieuren oder Architekten den Bauleistungen im Sinne von § 48 EStG unterfallen. Außerdem sei § 48 EStG deshalb eingeführt worden, um illegale Tätigkeiten im Baugewerbe, und zwar ausschließlich bei Unternehmen der Bauwirtschaft zu verhindern. Hierzu gehören aber nicht Architekten und Ingenieure. Diese Berufsgruppe kann deshalb Zahlung der abgerechneten Honorare in voller Höhe des Rechnungsbetrages an sich selbst und ohne steuerliche Abzüge verlangen. Eine Freistellungsbescheinigung ist nicht notwendig.
Bei der Frage der Steuerschuldnerschaft für die Umsatzsteuer (USt) hat der Gesetzgeber dies bereits im UStG klargestellt. § 13 b UStG regelt in Abweichung von der üblichen Steuerschuldnerschaft des Leistenden mit Stichtag 01.04.2004, dass der Leistungsempfänger (Auftraggeber) die auf den Rechnungsbetrag des Leistenden (Auftragnehmer) entfallende USt dann schuldet, wenn es sich um Werklieferungen und sonstige Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen (§ 13 b Abs. 1 Ziff. 4 Hs. 1 UStG) handelt. Hiervon ausdrücklich ausgenommen werden aber nach § 13 b Abs. 1 Ziff. 4 Hs. 2 UStG Planungs- und Überwachungsleistungen inländischer Unternehmer, also gerade die klassischen Leistungen von Architekten und Ingenieuren.