In dem Verfahren geht es um die Frage, ob sogenannte Organschaften auch die Verluste von Tochterunternehmen im Ausland mit Gewinnen im Inland verrechnen dürfen. In Großbritannien ist ein solcher Verlustabzug, wie in Deutschland, bislang nur im Inland uneingeschränkt möglich. Marks & Spencer hatte vor einigen Jahren seine Geschäfte in Deutschland, Frankreich und Belgien eingestellt, weil alle Beteiligungen rote Zahlen schrieben. Da die Verluste am Firmensitz der Töchter nicht geltend gemacht werden konnten, beantragte der Konzern in Großbritannien einen internen Verlustausgleich. Dem wurde nicht stattgegeben. Daraufhin klagte Marks & Spencer beim zuständigen britischen Gericht. Das britische Gericht rief den EuGH an. Die Luxemburger Richter müssen nun klären, ob die Niederlassungsfreiheit in der EU beschränkt wird, wenn das Steuerrecht ein britisches Unternehmen daran hindert, die Verluste ausländischer Töchter mit den Gewinnen im Inland zu verrechnen. Sowohl führende Koalitionspolitiker als auch Wirtschaftsvertreter und Juristen gehen davon aus, dass der EuGH der Klage stattgeben wird. In der Vergangenheit hat der EuGH mehr als 90 % aller vorgelegten Steuerfälle zugunsten der Steuerpflichtigen entschieden. In der Koalition fürchtet man sogar, dass die Richter die Verlustverrechnung rückwirkend für alle noch offenen Steuerfälle gestatten könnten. Das EuGH-Urteil wird für Ende 2005/Anfang 2006 erwartet. Wenn der EuGH seine Linie konsequent weiterführt, wird die Verlustverrechnung in Europa zugelassen werden. Damit wäre dann – über den Umweg über den EuGH – fast ein einheitliches Steuerrecht in Europa hergestellt. In der Zusammenschau sämtlicher Urteile der letzten Monate des EuGH wäre dann sichergestellt, dass es zum Beispiel keine Wegzugsbesteuerung mehr gibt und Verluste aller Gesellschaften in Europa auf eine Holding verrechnet werden können. Dies garantiert eine Steueroptimierung aller international tätigen Gesellschaften in Europa.