Um marktwirtschaftliche Grundsätze der Preisbildung auch im öffentlichen Auftragswesen durchzusetzen, regelt die Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen, dass beim Abschluss öffentlicher Aufträge grundsätzlich Marktpreisen der Vorzug vor Selbstkostenpreisen zu geben ist. Aufgrund öffentlicher Aufträge dürfen keine höheren Preise gefordert, versprochen, vereinbart, angenommen oder gewährt werden, als es nach den Bestimmungen der Verordnung zulässig ist.
Während Rechtsbereiche mit Berührungspunkten zur Regelungsmaterie der Verordnung PR Nr. 30/53, wie insbesondere das Vergaberecht, aber auch das Handelsrecht und das Steuerrecht im Zeitverlauf vielfältigen, mitunter gravierenden Änderungen unterlagen, wurde die Verordnung PR Nr. 30/53 seit ihrem Erlass im Jahre 1953 (!) materiell kaum geändert. Vor diesem Hintergrund sah es das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) als erforderlich an, die Verordnung PR Nr. 30/53 insbesondere in ihrem Kern, dem Marktpreisvorrang sowie den Leitsätzen für die Ermittlung auf Grund von Selbstkostenpreisen (LSP) an die aktuellen Gegebenheiten anzupassen und damit für die Anwendungspraxis der öffentlichen Auftraggeber, der Auftragnehmer und der Preisprüfbehörden der Länder wesentliche Erleichterungen zu schaffen. In diesem Sinne legte das BMWi am 05.05.2021 einen Referentenentwurf zur Änderung der Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen (Änderungsverordnung) vor. Die darin vorgesehenen Anpassungen der Verordnung PR Nr. 30/53 betrafen im Wesentlichen die Regelungen zur Marktpreiseigenschaft sowie zur Preisprüfung (§§ 4, 9 der Verordnung PR Nr. 30/53, vgl. im Einzelnen den Referentenentwurf im Wortlaut).
Die Änderungsverordnung muss zwar nicht im Kabinett beschlossen werden. Allerdings bedarf sie der Zustimmung des Bundesrates. In seiner Sitzung vom 05.11.2021 hat der Bundesrat nunmehr nach Maßgabe von sechs (kleineren) Änderungen zugestimmt (BRat-Drs. 732/21). Damit könnte die Bundesregierung die Änderungsverordnung nunmehr gemäß den Maßgaben des Bundesrates beschließen und verkünden und damit das neue Preisrecht zum 01.04.2022 in Kraft setzen. Für die vor dem Tag des Inkrafttretens geschlossenen öffentlichen Aufträge wären weiterhin die derzeit geltende Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen sowie die zurzeit maßgebliche Fassung der Leitsätze für die Preisermittlung auf Grund von Selbstkosten (LSP) anzuwenden.
Bemerkenswert ist, dass dem Bundesrat die vorgesehenen Anpassungen des Preisrechts nicht weit genug gehen. Dementsprechend hat der Bundesrat in seiner Sitzung vom 05.11.2021 eine Entschließung gefasst (BRat-Drs. 732/21). Darin begrüßt der Bundesrat zwar im Grundsatz das Vorhaben des BMWi, das öffentliche Preisrecht zu aktualisieren und zu stärken. Allerdings äußert der Bundesrat die Ansicht, dass das Ziel der Schaffung eines modernen öffentlichen Preisrechts durch die beabsichtigte punktuelle Überarbeitung der Verordnung PR Nr. 30/53 nicht vollständig erreicht werden könne. Vor diesem Hintergrund bitte der Bundesrat die Bundesregierung, insbesondere das BMWi, darum, in der neuen Legislaturperiode das öffentliche Preisrecht einer weitergehenden Novellierung und Modernisierung zu unterziehen, wobei dabei auch das vorkonstitutionelle Preisgesetz miteinzubeziehen und zu überarbeiten sei.
Vor diesem Hintergrund bleibt es spannend. Insbesondere bleibt abzuwarten, ob die Bundesregierung bzw. das BMWi in der anstehenden Legislaturperiode der Aufforderung des Bundesrates folgen und eine weitgehendere Novellierung des öffentlichen Preisrechts initiieren wird.
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