Auf eine Divergenzvorlage des OLG München hat der BGH mit Beschluss vom 18.03.2014 (X ZB 12/13) über die Höhe des Streitwertes bei langfristigen Verträgen und Verträgen mit Verlängerungsoption entschieden.
Ausgangsfrage
In einem Vergabenachprüfungsverfahren richtet sich der Streitwert und damit die Höhe der vom Unterliegenden zu tragenden Kosten für die Vergabekammer bzw. das Oberlandesgericht und die beteiligten anwaltlichen Vertreter nach dem geschätzten Bruttoauftragswert. Dabei war bislang umstritten, ob bei langfristigen Verträgen die Gesamtlaufzeit (möglicherweise einschließlich Optionen) ausschlaggebend ist oder ob stattdessen auf eine maximale Laufzeit von 48 Monaten abzustellen ist. Letztere Auffassung stützte sich dabei darauf, dass gemäß § 3 Abs. 4 Nr. 2 VgV auch der für die Schwellenwertberechnung maßgebliche Auftragswert lediglich auf eine 48-monatige Laufzeit berechnet werden soll.
Die Entscheidung
Dieser Auffassung tritt der BGH mit seinem aktuellen Beschluss jedoch entgegen. Bei der für die Streitwertfestsetzung maßgeblichen Bruttoauftragssumme handele es sich auch bei langfristigen Verträgen um den tatsächlichen Auftragswert. Eine Kappung bei 48 Monaten sei nicht vorzunehmen. Zudem seien auch Optionen bei der Streitwertfestsetzung zu berücksichtigen, weil auch die nur potenzielle Möglichkeit der Verlängerung der Vertragslaufzeit einen wirtschaftlichen Wert darstelle, der dem Ausschreibungsgegenstand innewohne und das Interesse der Bieter am Auftrag mitbestimme. Allerdings sei es dabei sachgerecht, den optional vorgesehenen Vertragszeitraum nicht voll zu berücksichtigen. Vielmehr sei die Ungewissheit darüber, ob der Auftraggeber das Optionsrecht ausüben werden, mit einem angemessenen Abschlag von 50 % vom vollen Auftragswert zu berücksichtigen, der rechnerisch während der optionalen Vertragslaufzeit erzielt werden könnte.
Fazit
Mit der Entscheidung des BGH sind die mit der Einleitung eines Vergabenachprüfungsantrags verbundenen Kostenrisiken für Bieter noch einmal erheblich gestiegen. Durch die Berücksichtigung der vollen Vertragslaufzeit sowie außerdem 50 % des Wertes möglicher Verlängerungsoptionen können sich gerade bei langfristigen Verträgen schnell fünf- und auch sechsstellige Kostenforderungen ergeben. Gerade für kleinere und mittlere Unternehmen sind solche Kostenrisiken aber nur schwer hinnehmbar. Es bleibt daher zu wünschen, dass der Gesetzgeber bei der Frage der Streitwertfestsetzung für Vergabenachprüfungsverfahren zeitnah nachjustieren wird.