Unzulässigkeit einer unterbliebenen Vergabe
Das zunächst angerufene OLG Frankfurt a. M. sah in der unterbliebenen Ausschreibung einen Verstoß gegen das für marktbeherrschende Unternehmen geltende Diskriminierungs- und Behinderungsverbot und untersagte der Stadt die Auftragsvergabe ohne vorherige Ausschreibung. Es ließ allerdings die Revision zum BGH zu. Der BGH wies dann die Revision der hessischen Stadt zurück und betonte: § 141 Satz 1 SGB X rechtfertige es nicht, auf eine ansonsten gebotene Ausschreibung nur deshalb zu verzichten, weil der zu vergebende Auftrag mit einer anerkannten Werkstätte für behinderte Menschen abgeschlossen werden solle. Erst anhand des günstigsten Angebotes ließe sich ermitteln, ob einer Behindertenwerkstatt der Vorzug zu geben sei. Den Wettbewerbern verbleibe unter diesen Umständen die Möglichkeit, die Vergabeentscheidung durch günstigere Angebote zu ihren Gunsten zu beeinflussen.
Fazit
Der BGH hat für öffentliche Auftraggeber den Umgang mit Behindertenwerkstätten und zudem das Verhältnis von Vergaberecht zu § 141 SGB X klargestellt. Dementsprechend dürfen öffentliche Auftraggeber durch die Bestimmung der Bevorzugung von Behindertenwerkstätten nicht von vornherein und per se von einer Ausschreibung absehen. Die Bestimmung lässt lediglich im Rahmen eines ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens deren Vorzug unter bestimmten Umständen zu – immer muss aber eine Berücksichtigung der übrigen Angebote erfolgen.