Gemäß § 40 Abs. 2 BetrVG hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat für die laufende Geschäftsführung im erforderlichen Umfang Informations- und Kommunikationstechnik zur Verfügung zu stellen. Das Bundesarbeitsgericht hat in zwei aktuellen Entscheidungen vom 17.02.2010 und 14.07.2010 dazu Stellung genommen, ob und inwieweit hierzu auch die Einrichtung eines Internetzugangs sowie die Möglichkeit der außerbetrieblichen Email-Nutzung gehören.
Rechtliche Ausgangslage
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts obliegt dem Betriebsrat die Prüfung, ob ein von ihm verlangtes Mittel der Informations- und Kommunikationstechnik zur Erledigung der Betriebsratsaufgaben erforderlich und vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen ist. Er hat dabei einen Beurteilungsspielraum. Bei seiner Entscheidung muss er die entgegenstehenden Belange des Arbeitgebers, darunter insbesondere die diesem entstehenden Kosten, berücksichtigen.
Die arbeitsgerichtliche Kontrolle beschränkt sich auf die Prüfung, ob das verlangte Mittel der Informations- und Kommunikationstechnik aufgrund der konkreten betrieblichen Situation der Erledigung der gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrats dient und der Betriebsrat bei seiner Entscheidung nicht nur die Interessen der Belegschaft berücksichtigt, sondern auch berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rechnung getragen hat. Ist dies der Fall, kann das Gericht die Entscheidung des Betriebsrats nicht durch seine eigene ersetzen.
Beschluss vom 17.02.2010 (Az. 7 ABR 81/09)
Ein bundesweit tätiges Einzelhandelsunternehmen betreibt in Deutschland mehr als 300 Filialen. Die jeweiligen Filialleiter verfügen nicht über einen Internetzugang. Der Betriebsrat einer Filiale verlangt dennoch die Einrichtung eines Internetzugangs. Das Bundesarbeitsgericht bejaht diesen Anspruch.
Zur Begründung führt das Gericht aus, dass in der Regel davon auszugehen sei, dass das Internet mit seinen Informationsmöglichkeiten der gesetzlichen Aufgabenerfüllung des Betriebsrats diene. Insoweit sei es nicht erforderlich, dass der Betriebsrat konkrete betriebsverfassungsrechtliche Aufgaben darlege, zu deren Erledigung er Informationen aus dem Internet benötige. Der Betriebsrat müsse auch nicht darlegen, dass und inwieweit er ohne Internetzugang die Wahrnehmung seiner Rechte und Pflichten vernachlässigen würde. Die von ihm zu beurteilende Dienlichkeit eines Mittels der Informations- und Kommunikationstechnik zur Aufgabenerfüllung sei nicht erst dann gegeben, wenn der Betriebsrat ohne das verlangte Mittel seine gesetzlichen Pflichten vernachlässigen würde. Es gehöre vielmehr zum Beurteilungsspielraum des Betriebsrats auch darüber zu befinden, auf welche Weise er seine Aufgaben am wirkungsvollsten erledigen könne.
Dem Anspruch des Betriebsrats stehe auch nicht entgegen, dass die Filialleitung und damit der Arbeitgeber selber nicht über einen Internetzugang verfüge. Die Sachmittelausstattung des Arbeitgebers lasse keinen Schluss darauf zu, ob der Betriebsrat ein bestimmtes Sachmittel benötige. Genauso wenig wie die Nutzung des Internets durch den Arbeitgeber einen Anspruch des Betriebsrats auf die Bereitstellung eines Internetanschlusses begründe, schließe allein die Nichtnutzung des Internets durch den Arbeitgeber einen solchen Anspruch aus. Solche schematischen Lösungen würden sich verbieten. Im Einzelfall könnte es zwar angemessen sein, dass der Betriebsrat eines kleinen Betriebes mit geringer wirtschaftlicher Leistungskraft, dessen Inhaber selbst aus Kostengründen auf den Einsatz teurer Informations- und Kommunikationstechnik verzichte, ebenfalls von der Forderung nach der Zurverfügungstellung absehe. Diese Situation sei vorliegend aber nicht gegeben.
Abschließend weist das Bundesarbeitsgericht darauf hin, dass allein die abstrakte Gefahr, der Betriebsrat könne seinen Internetanschluss missbrauchen, dem Anspruch auf Einrichtung eines solchen Zugangs nicht entgegen stehe. Gleiches gelte für die abstrakte Gefahr von Störungen durch Viren oder Hackerangriffe.
Beschluss vom 14.07.2010 (Az. 7 ABR 80/08)
Mit seiner Entscheidung vom 14.07.2010, zu der bislang lediglich die Pressemitteilung vorliegt, gibt das Bundesarbeitsgericht einem Betriebsrat Recht, der vom Arbeitgeber die Eröffnung eines Internetzugangs und die Einrichtung eigener Email-Adressen für sämtliche Betriebsratsmitglieder verlangt hat.
Das Gericht führt aus, dass der Betriebsrat im Rahmen seines Beurteilungsspielraums davon ausgehen dürfe, dass die Eröffnung von Internetanschlüssen für die einzelnen Mitglieder – etwa zu deren Vorbereitung auf Betriebsratssitzungen – der Aufgabenerfüllung des Betriebsrats diene. Auch durch seine Entscheidung, seinen Mitgliedern eigene Email-Adressen zum Zwecke der externen Kommunikation einzurichten, überschreite der Betriebsrat seinen Beurteilungsspielraum nicht. Ebenso wie die Informationsbeschaffung könne die Kommunikation einzelner Betriebsratsmitglieder mit nicht zum Betrieb gehörenden Dritten Teil der Betriebsratstätigkeit sein.
Berechtigte Kosteninteressen des Arbeitgebers stünden dem Verlangen im konkreten Fall nicht entgegen, da sämtliche Betriebsratsmitglieder an PC-Arbeitsplätzen beschäftigt seien, so dass es lediglich der Freischaltung des Internets und der Einrichtung einer Email-Adresse bedürfe.
Fazit
Mit den beiden Entscheidungen gesteht das Bundesarbeitsgericht dem Betriebsrat einen sehr weiten Beurteilungsspielraum zu. Neu in dieser Deutlichkeit ist dabei insbesondere die Aussage, dass die Dienlichkeit des Internets zur Aufgabenerfüllung des Betriebsrats offenkundig ist, so dass dieser hierzu nicht mehr konkret vortragen muss. Im Ergebnis wird es für den Arbeitgeber in Zukunft schwieriger, das Verlangen des Betriebsrats nach Zurverfügungstellung eines Internetzugangs und Einrichtung eigener Email-Adressen zurückzuweisen.
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