Angesichts der Herausforderungen der Coronakrise zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit insbesondere des Gesundheitssektors und im Anschluss an die Leitlinien der Europäischen Kommission für die Mitgliedstaaten zu ausländischen Direktinvestitionen und zum freien Kapitalverkehr aus Drittländern sowie zum Schutz der strategischen Vermögenswerte Europas (siehe Mitteilung ABl. 2020/C 99 I/01) hat die Bundesregierung heute die Fünfzehnte Änderung der Außenwirtschaftsverordnung („AWV“) beschlossen (siehe Pressemitteilung).
Im Wesentlichen verschärft die Novelle das Kontrollregime für ausländische Direktinvestitionen durch die Einführung einer Meldepflicht für den Erwerb von inländischen Unternehmen oder unmittelbaren bzw. mittelbaren Beteiligungen an inländischen Unternehmen, die medizinische Schutzausrüstungen, bestimmte Arzneimittel, Medizinprodukte oder In-vitro-Diagnostika entwickeln oder herstellen. Darüber hinaus wird die Liste der eine Meldepflicht auslösenden Assets erweitert um Unternehmen, die Dienstleistungen erbringen, die zur Sicherstellung der Störungsfreiheit und Funktionsfähigkeit staatlicher Kommunikationsinfrastrukturen erforderlich sind. Die Meldepflicht gilt für Erwerber aus Drittländern, d.h. nicht in der EU/EFTA ansässige Personen, ab einem Schwellenwert von 10 Prozent der Stimmrechte an dem Unternehmen nach dem Erwerb der Beteiligung. Im Ergebnis können damit künftig auch Investitionen in Start-ups (z.B. im Medizin- und Biotech-Sektor) einer Meldepflicht unterliegen.
Konkret wird der Anwendungsbereich der meldepflichtigen Transaktionen nun auch auf Übernahmen von inländischen Unternehmen oder unmittelbaren bzw. mittelbaren Beteiligungen an inländischen Unternehmen erweitert, die
Über den Gesundheitssektor hinaus besteht nun auch eine Meldepflicht für den Erwerb von inländischen Unternehmen oder unmittelbaren bzw. mittelbaren Beteiligungen an inländischen Unternehmen, die zur Sicherstellung der Störungsfreiheit und Funktionsfähigkeit staatlicher Kommunikationsinfrastrukturen erforderliche Dienstleistungen erbringen.
Bei der Prüfung einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit kann insbesondere berücksichtigt werden, ob der Erwerber unmittelbar oder mittelbar von der Regierung eines Drittstaates kontrolliert wird, ob der Erwerber bereits an Aktivitäten beteiligt war, die nachteilige Auswirkungen auf die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union hatten, oder ob ein erhebliches Risiko besteht, dass der Erwerber oder die für ihn handelnden Personen an Aktivitäten beteiligt waren oder sind, die in Deutschland den Tatbestand bestimmter Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten erfüllen würden. Die vorgestellten Änderungen treten am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Darüber hinaus hat das Bundeskabinett bereits zuvor Änderungen des Außenwirtschaftsgesetzes („AWG“) in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht (siehe Pressemitteilung). Die beabsichtigten Änderungen zielen ebenfalls auf die Umsetzung der Bestimmungen der EU-Screening-Verordnung. Hierfür ist vorgesehen, dass das Prüfkriterium gelockert wird und zur Anordnung von Beschränkungen oder Handlungspflichten künftig die voraussichtliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ausreichen soll, dass jeder meldepflichtige Erwerb für die Dauer der Prüfung schwebend unwirksam sein soll und dass während der schwebenden Unwirksamkeit zahlreiche weitere Handlungen verboten sein sollen, wie z.B. die Ermöglichung der Stimmrechtsausübung zugunsten des Erwerbers, der Bezug von Gewinnauszahlungsansprüchen oder die Offenlegung bestimmter unternehmensbezogener Informationen gegenüber dem Erwerber. Verstöße gegen diese Bestimmungen und/oder gegen behördliche Anordnungen durch die zuständige Behörde werden als Straftaten behandelt. Diese Änderungsvorschläge werden voraussichtlich von einer weiteren Änderung der AWV begleitet werden, so dass schon in naher Zukunft eine Sechzehnte Änderung der AWV zu erwarten ist.