Verstößt der Arbeitgeber gegen diese Grundsätze, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber ausreichende Maßnahmen zum Schutz der Daten vor unbefugter Einsichtnahme, z. B. durch Aufbewahrung in einem verschlossenen Umschlag, ergreift.
Praxistipp
Unterlagen, die Informationen über den körperlichen und geistigen Gesundheitszustand von Arbeitnehmern – z. B. über eine Alkohol- oder Suchterkrankung oder eine Depression – enthalten, sollten in einem verschlossenen Umschlag in der Personalakte oder in einer gesondert geführten „Gesundheitsakte“ aufbewahrt werden.
Die Einzelheiten
Bei der Beklagten handelte es sich um einen Flughafen. Der Kläger war bei der Beklagten als Passageleiter beschäftigt. Er wurde im Abfertigungsfeld, wo kraft behördlicher Anordnung ein absolutes Alkoholverbot besteht, eingesetzt. Ende Mai 2002 bewilligte die BfA (jetzt: Deutsche Rentenversicherung Bund) dem Kläger eine Alkoholentziehungskur für einen Zeitraum von 16 Wochen. Da der Kläger die Beklagte über den Anlass seiner Kur zunächst nicht einweihen wollte, beabsichtigte er die Teilnahme an einer verkürzten Kur von lediglich vier bis sechs Wochen. Nach ca. zwei Wochen stellte er jedoch fest, dass die verkürzte Kur nicht zur Genesung ausreichen würde. Daraufhin teilte er seinem Vorgesetzten den Sachverhalt schriftlich mit. Die Unterlagen bezüglich der Alkoholentziehungskur des Klägers wurden zu dessen Personalakte genommen. Mit seiner Klage begehrte der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur gesonderten Aufbewahrung eben dieser Unterlagen.
Nach Auffassung des BAG stand dem Kläger ein solcher Anspruch gegen die Beklagte gemäß § 611 BGB i. V. m. §§ 12, 862, 1004 BGB zu. Die ungeschützte Aufbewahrung der Unterlagen in der Personalakte des Klägers habe eine objektiv rechtswidrige Verletzung seines Persönlichkeitsrechts dargestellt.
Es sei zwar ein legitimes Anliegen des Arbeitgebers, dass von ihm geführte Personalakten vollständig seien und möglichst lückenlos über die Person des Arbeitnehmers und seine dienstliche Laufbahn Aufschluss gäben. Dies gelte auch für Hinweise, die auf eine Sucht-/Alkoholerkrankung des Arbeitnehmers hinwiesen. Solche Erkrankungen könnten nämlich bei negativer Zukunftsprognose gemäß § 1 Abs. 1 i. V. m. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG eine krankheitsbedingte Kündigung des Arbeitnehmers rechtfertigen. Diese berechtigten Arbeitgeberinteressen seien aber am Schutz des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers zu messen. Aus letzterem folge, dass die Personalakten nicht allgemein zugänglich sein dürften und sorgfältig verwahrt werden müssten. Zudem müsse der Arbeitgeber die Informationen vertraulich behandeln oder für die vertrauliche Behandlung durch Sachbearbeiter Sorge tragen und den Kreis der mit Personalakten befassten Beschäftigten möglichst eng halten. Grundsätzlich würden diese Anforderungen erfüllt, wenn Personalakten nur durch den zuständigen Sachbearbeiter geführt und in abschließbaren Schränken an dessen Arbeitsplatz aufbewahrt werden würden.
Besonders sensible Daten, insbesondere solche über den körperlichen, geistigen und gesundheitlichen Zustand, und allgemeine Angaben über die Persönlichkeit des Arbeitnehmers bedürften jedoch eines verstärkten Schutzes. Schreiben, die solche Daten enthielten, dürften daher nicht offen in der Personalakte aufbewahrt werden, so dass sie eingesehen oder zufällig zur Kenntnis genommen werden könnten, selbst wenn der Grund der Einsichtnahme dies im Einzelfall nicht erfordere.
Der Arbeitnehmer habe allerdings keinen Anspruch auf eine bestimmte Art und Weise der Geheimniswahrung sensibler Daten. Wie dem Schutz des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers Rechnung getragen werde, hänge von den Umständen des Einzelfalls ab und könne in unterschiedlicher Weise umgesetzt werden, etwa durch Führung besonderer Gesundheitsakten, die Verwendung verschlossener Umschläge etc. Es müsse lediglich die zufällige Kenntnisnahme verhindert und der einsichtsberechtigte Personenkreis beschränkt werden. Dabei obliege es grundsätzlich dem Arbeitgeber im Rahmen seiner Personal- und Organisationsfreiheit zu bestimmen, wie das besondere Geheimhaltungsbedürfnis des Arbeitnehmers an sensiblen Daten umgesetzt werde. Im konkreten Fall habe die Beklagte dieses Bestimmungsrecht allerdings nicht ausgeübt, so dass dieses entsprechend § 316 BGB und § 264 Abs. 2 BGB auf den Kläger übergegangen sei.