Eine Meldung zu einem Werbeversprechen füllt seit gestern die Glossen vieler Tageszeitungen und soll – wie so oft – die Skurrilität des amerikanischen Rechtssystems vor Augen führen:
Das Werbeversprechen und seine Probleme
Mitarbeiter der Fast-Food-Kette Subway wurden durch Gerichtsbeschluss dazu verpflichtet, ein Maßband am Arbeitsplatz mit sich zu führen. Hiermit sollen sie den Kunden die genaue Länge des bestellten Sandwichs dokumentieren. Der Hintergrund: Subway hatte seine Sandwiches in vielen englischsprachigen Ländern mit dem Slogan
„Five Dollars for a footlong“
(Fünf Dollar für einen Fuß lang)
beworben. Anders als im deutschen Sprachgebrauch bezeichnet der Begriff “foot” in den USA jedoch nicht nur den Fuß, sondern trifft als Maßeinheit daneben eine ganz konkrete Längenaussage: nämlich 30,49 cm. Dementsprechend bezeichnet man als „footlong“ umgangssprachlich in den USA ein großes Sandwich oder Hotdog mit einer Länge von ungefähr 30 cm. Dies bedeutet in den Augen des Gerichts: jedes Sandwich, das kürzer als 30,49 cm, ist, erfüllt das Werbeversprechen nicht. Die Subway-Mitarbeiter müssen nun im wahrsten Sinne des Wortes „Maßarbeit“ leisten.
Eine Entscheidung, die in Deutschland undenkbar wäre? Nicht unbedingt.
Was das deutsche Recht dazu sagen würde
Auch das deutsche Wettbewerbsrecht verlangt von dem Werbenden zutreffende Werbeversprechen. Dies gilt z.B. im Hinblick auf besondere Eigenschaften des Produktes, seine Inhaltsstoffe, aber auch für technische Prüfergebnisse oder Auszeichnungen in Warentests. Wer hier falsch wirbt, begeht einen Wettbewerbsverstoß. Bei der Beurteilung, ob eine Werbeaussage wahr oder falsch ist, stellen die deutschen Gerichte jedoch nicht streng auf den Wortlaut der Werbung ab. Vielmehr prüfen die Gerichte, wie wohl der „durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige durchschnittliche Verbraucher“ die Werbeaussage verstanden hätte. Dabei ist auch zu berücksichtigen, in welchem Kontext ein Werbeversprechen getroffen wird.
Hierbei traut die Rechtsprechung – so jedenfalls die Theorie – den Verbrauchern heute durchaus zu, ernstgemeinte Werbeaussagen von offensichtlich nicht ernstgemeinten „reklamehaften Anpreisungen“ zu unterscheiden. Schaut man sich allerdings die aktuelleren Gerichtsentscheidungen an, wird deutlich, dass die Entscheidungen zumeist zum Nachteil der Werbenden ausgehen. So hat das OLG Hamm das Werbeversprechen einer Tanzschule mit
„garantiertem Lernerfolg“
für unzulässig befunden. Ein Lernerfolg hänge immer auch von den Fähigkeiten des Schülers ab und könne damit nicht garantiert werden (OLG Hamm GRUR-RR 2013,222).
Auch die Bewerbung von Silikon Pads mit dem Hinweis
„Mehr an Vitalität“
wurde mangels wissenschaftlichen Nachweises als wettbewerbswidrig beurteilt (OLG Karlsruhe WRP 2013, 102).
Vermeintlich banale reklamehafte Aussagen werden von den Gerichten somit nach wie vor beim Wort genommen. Die Fähigkeit des deutschen „Durchschnittsverbrauchers“ ernstzunehmende Zusicherungen von reklamehaften Übertreibungen zu unterscheiden, scheint in den Augen der Gerichte nach wie vor beschränkt zu sein. Dementsprechend ist auch bei mehrdeutigen Aussagen stets zu befürchten, dass ein Gericht alle denkbaren Deutungsvarianten in seine Bewertung mit einbezieht.
Fazit
Es ist daher durchaus wahrscheinlich, dass das Werbeversprechen „Five Dollars for a footlong“ auch von einem deutschen Gericht als Zusage eines 30,49 cm langen Sandwiches und nicht lediglich als nicht reklamehafter Hinweis auf ein besonders großes – in etwa fußgroßes – Sandwich verstanden werden würde. Die Subway-Entscheidung also doch kein Fall für das „Skurrilitäten-Kabinett“ US-amerikanischer Rechtsprechung!