Mitunter verwenden Auftraggeber hinsichtlich der zum Nachweis der Eignung von den Bewerbern oder Bietern beizubringenden Referenzen innerhalb einer Ausschreibung verschiedene Begrifflichkeiten. Während an einer Stelle von „geeigneten Referenzen“ die Rede ist, heißt es andernorts „vergleichbare Referenzen“. Nun hat die VK Südbayern in ihrem erst vor kurzem veröffentlichten Beschluss vom 28.01.2019 (Z3-3-3-3194-1-32-09/19, Leitsätze abrufbar unter folgendem Link) in anschaulicher Weise entschieden, dass es sich insoweit nicht um inhaltsgleiche Begriffe handelt. Diese Entscheidung und die daraus folgenden Konsequenzen für die Ausschreibungspraxis wollen wir Ihnen natürlich nicht vorenthalten…
Was war passiert?
Der Auftraggeber schrieb Bewachungsleistungen für eine Unterkunft für Asylbewerber europaweit aus.
In der EU-Bekanntmachung heißt es im Rahmen der Eignungskriterien unter anderem: „Vorlage von drei geeigneten Referenzen über früher ausgeführte Liefer- und Dienstleistungen der in den letzten drei Jahren erbrachten wesentlichen Leistungen.“
Im Formblatt zur Eignung war hingegen folgende Vorgabe enthalten: „Ein Bieter gilt nur dann als geeignet, wenn alle im Formblatt geforderten Angaben beantwortet werden und mindestens die geforderte Anzahl vergleichbarer Referenzen angegeben werden und die vorgelegten Referenzbescheinigungen keine Zweifel an der Eignung begründen.“
Unter anderem die Antragstellerin gab ein Angebot ab, dem auch drei Referenzbescheinigungen im Sinne des vorgesehenen Formblatts beigefügt waren.
Die Antragstellerin wurde seitens des Auftraggebers vom weiteren Verfahren ausgeschlossen, weil die vorgelegten Referenzen nicht mit den in der Ausschreibung zu erbringenden Leistungen vergleichbar seien. Zum einen wiesen die drei genannten Einrichtungen eine deutlich niedrigere Belegungszahl auf als die verfahrensgegenständliche Unterkunft. Zum anderen falle das Volumen der entsprechenden Referenzaufträge um bis zu 80 % niedriger aus.
Nach erfolgloser Rüge stellt die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag bei der VK Südbayern.
Mit Erfolg!
Entscheidung der VK Südbayern: Der Angebotsausschluss ist nicht gerechtfertigt, da die von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen die bekannt gemachten Anforderungen an geeignete Referenzen über früher ausgeführte Bewachungsleistungen erfüllen!
Zwar stehe dem Auftraggeber, so die VK Südbayern, bei der Bewertung der Referenzen ein nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Allerdings habe der Auftraggeber diesen vorliegend überschritten, weil er bei der Ausschlussentscheidung Anforderungen an die Referenzen gestellt habe, die sich der Auftragsbekanntmachung (in Verbindung mit den Vergabeunterlagen) nicht mit der notwendigen Eindeutigkeit entnehmen ließen.
In der Bekanntmachung fordere der Antragsgegner als Mindestanforderung die „Vorlage von drei geeigneten Referenzen“. Aus dem Wortlaut der Forderung lasse sich nicht ableiten, dass nur weitgehend identische Leistungen mit im Wesentlichen gleichem Umfang hätten referenziert werden dürfen. Denn eine geeignete Referenz bedeutete aus Sicht eines sachkundigen, verständigen Bieters gerade nicht per se, dass die Größe der bewachten Einrichtung oder der Auftragswert vergleichbar zum ausgeschriebenen Auftrag sein müsse.
Die Forderung geeigneter Referenzen sei auch nicht ohne Weiteres mit der Forderung vergleichbarer Referenzen gleichzusetzen. Vergleichbarkeit von Referenzprojekten liege (nur) dann vor, wenn die erbrachten Leistungen dem Auftragsgegenstand nach Art und Umfang nahekommen oder ähneln und somit einen tragfähigen Rückschluss auf die Leistungsfähigkeit des Bieters für die ausgeschriebene Leistung ermöglichen, wobei die erbrachten Leistungen nicht mit dem Ausschreibungsgegenstand identisch sein müssten. Eine geeignete Referenz sei hingegen schon dann gegeben, wenn der Leistungsgegenstand der Art nach in der Vergangenheit bereits erbracht worden sei. Ansonsten bedürfe dieser Begriff der Konkretisierung durch den Auftraggeber in der Bekanntmachung, in welcher der Auftraggeber im Sinne von § 122 Abs. 4 Satz 2 GWB transparent festlegen müsse, welche Eigenschaften Referenzen haben müssen, um von ihm als geeignet anerkannt zu werden. Dies ist nach der VK Südbayern vorliegend allerdings nicht erfolgt. Denn nicht in der Bekanntmachung, sondern erst im nicht direkt verlinkten Formblatt sei von vergleichbaren Referenzen die Rede. Bei der Änderung der Anforderungen an die einzureichenden Unterlagen von „geeigneten Referenzen“ in „vergleichbare Referenzen“ handele es sich um keine bloße Konkretisierung, sondern um eine unzulässige Verschärfung und nachträgliche Erhöhung der Anforderungen, die damit nicht als Maßstab für die Eignungsprognose herangezogen werden dürfe.
Fazit und Praxishinweise
Aus der Entscheidung der VK Südbayern folgt für Auftraggeber, dass diese sich vor Ausschreibungsbeginn insbesondere Gedanken darüber machen müssen, welche Anforderungen sie an die Vorlage von Referenzen stellen wollen. Während eine geeignete Referenz bereits vorliegt, wenn der Leistungsgegenstand der Art nach in der Vergangenheit bereits erbracht wurde, ist eine vergleichbare Referenz erst dann gegeben, wenn die erbrachten Leistungen dem Auftragsgegenstand nach Art und Umfang nahekommen oder ähneln. Darüber hinaus besteht selbstverständlich die Möglichkeit – im Rahmen der vergaberechtlichen Vorgaben – konkretere Mindestanforderungen, etwa an die Vergleichbarkeit im Hinblick auf den Umfang, aufzustellen. Insoweit bewegen sich Auftraggeber stets in einem Spannungsfeld, nämlich einerseits die Latte ausreichend hoch zu legen, um ein hinreichend vorerfahrenes Unternehmen bezuschlagen zu können, andererseits aber den Bogen auch nicht zu überspannen, um nicht ohne Angebote oder mit wenig Wettbewerb dazustehen.
In jedem Fall empfiehlt es sich, im Rahmen der Auftragsbekanntmachung und aller Vergabeunterlagen inkl. Formblättern stets konsistente Begrifflichkeiten und Formulierungen zu verwenden. Damit kann nicht nur das Risiko minimiert werden, dass Bieterfragen zu den gewünschten Anforderungen an die Referenzen gestellt werden, sondern auch wirksam der Gefahr begegnet werden, dass ein späterer Ausschluss wegen Nichterfüllung von (hinzugedachten) konkreten Anforderungen an die Referenzen angreifbar wird.
Haben Sie Fragen im Zusammenhang mit der Festlegung und/oder Prüfung von Eignungskriterien, insbesondere Referenzen? Wir beraten Sie gerne!