Ein Bewerber gibt in einem Teilnahmewettbewerb an, für die von den ausgeschriebenen Leistungen umfasste Projektleitung Mitarbeiter eines Fremdunternehmens einsetzen zu wollen. Die Verfügbarkeit der konkreten Mitarbeiter behält sich der Bewerber aber bis zum finalen Angebot vor. Die Auftraggeberin sieht ihn anschließend als nicht geeignet an und fordert ihn daher nicht zur Abgabe eines Angebots auf. Zu Recht, meint die VK Bund in ihrem Beschluss vom 24.01.2020, VK 1 - 97/19 (abrufbar unter folgendem Link), die an der Nichtvorlage von Verfügbarkeitserklärungen die fehlende Eignung des Bewerbers festmacht.
Sachverhalt
Die Auftraggeberin, eine Bundesbehörde, schrieb ein IT-Projektverwaltungssystem im Bereich der Projektförderung im europaweiten Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb aus. Aufgabe des Auftragnehmers sollte zunächst die Programmierung von Softwarepaketen (als Standard- oder Individualsoftware) sein. Anschließend sollte eine Anwenderschulung, das Systemhosting und der Support sowie die Weiterentwicklung des Verwaltungssystems durchgeführt werden. Laufzeit des Vertrags waren zehn Jahre (mit entsprechender Verlängerungsoption).
Zur Koordinierung und Überwachung des Projekts sollten Bieter eine verantwortliche Projektleitung, aufgeteilt in fünf „Rollen“ mit jeweils einem Stellvertreter stellen. Die Beurteilung der Eignung im Rahmen des Teilnahmewettbewerbs sollte dabei unter Zugrundelegung der namentlichen Benennung der geplanten Besetzung dieser fünf Rollen und der entsprechenden Stellvertreter in der Projektleitung erfolgen. Neben der namentlichen Benennung und Darstellung von Qualifikation und Berufserfahrung sollte explizit bestätigt werden, dass die benannten Personen auch dauerhaft im Projekt eingesetzt werden könnten und die benötigten zeitlichen Kapazitäten hierfür vorhanden seien. Unabhängig hiervon wurde auf Dokumente der Vergabeunterlagen verwiesen, wonach für bestimmte Rollen ein abgeschlossenes Hochschulstudium der Informatik oder vergleichbarer Studiengänge gefordert war.
Die spätere Antragstellerin, ein Standardsoftwareunternehmen im von der Auftraggeberin geforderten Bereich, reichte einen Teilnahmeantrag ein. Dieser enthielt u. a. Profile von zehn internen und externen Mitarbeitern für die „Rollen“ in der Projektleitung sowie eine Eignungsleihe-Erklärung eines Drittunternehmens. Bei sieben der Mitarbeiter konnte der dauerhafte Einsatz im Projekt bestätigt werden; bei drei Mitarbeitern des Drittunternehmens enthielt das Profil eine Bemerkung, nach der diese Mitarbeiter „nach derzeitigem Kenntnisstand“ für den Projekteinsatz vorgesehen seien, eine Bestätigung erfolge aber erst im finalen Angebot. Die beiden für „Rolle 3“ vorgesehenen Mitarbeiter wiederum hatten nicht die von der Auftraggeberin geforderten Hochschulabschlüsse. Die Auftraggeberin schloss den Teilnahmeantrag der Antragstellerin aufgrund des letztgenannten Umstandes aus.
Gegen den Ausschluss wehrt sich die Antragstellerin mit einem Nachprüfungsantrag bei der VK Bund.
Entscheidung
Die VK Bund gab der Auftraggeberin Recht und wies den Nachprüfungsantrag zurück!
Sie äußerte dabei zwar zunächst Zweifel an dem Ausschluss wegen des Nichtvorliegens der Hochschulabschlüsse, da die Nennung der Anforderungen allein in den Vergabeunterlagen erfolgt (und nicht auch in der EU-Bekanntmachung enthalten bzw. ordnungsgemäß verlinkt worden) sei.
Auf das Ergebnis hatte dieser Umstand indessen keinen Einfluss, weil der Antrag der Antragstellerin nach Ansicht der VK Bund unabhängig hiervon zwingend auszuschließen war. Den Grund hierfür sah die VK dabei darin, dass die Antragstellerin jedenfalls nicht die geforderten Verfügbarkeitserklärungen für drei Mitarbeiter der Projektleitung vorgelegt habe. Die Forderung der Auftraggeberin sei es gewesen, dass die genannten Personen auch bei Erteilung des Auftrags verfügbar sein müssten. Eine Forderung, die die Auftraggeberin bezogen auf den Auftrag auch aufstellen durfte, da es wegen der Dauer und Komplexität des Projekts besonders auf die fachliche Eignung der projektleitenden Personen ankam.
Reicht der Bieter mit dem Teilnahmeantrag sodann keine Verfügbarkeitserklärungen ein, so ist er schon in dieser Runde als ungeeignet auszuschließen, so die VK Bund. Denn mit der Inanspruchnahme der Eignungsleihe gebe er bereits zu, selbst nicht geeignet zu sein und auf fremde „Eignungen“ zurückgreifen zu müssen. Behalte sich der Bieter in dieser Konstellation den Rückgriff auf „Fremdeignung“ für das finale Angebot bloß vor, so könne der Auftraggeber aber vor Aufforderung zur Abgabe eines Angebots nicht beurteilen, ob die Leistungen tatsächlich mithilfe der “Fremdeignung“ erbracht werden können. Was zur Beurteilung der Eignung relevant werde, sei jedoch schon frühzeitig nachzuweisen.
Die in der Form vorgelegten Mitarbeiterprofile konnten nach Auffassung der VK Bund auch nicht nachgefordert werden, da sie jedenfalls keine „fehlenden“ Unterlagen im Sinne des § 56 Abs. 2 Satz 1 VgV Unterlagen darstellten.
Bedeutung für die Praxis
Eignungsleihe und Nachunternehmerschaft sind im Vergaberecht zu unterscheiden, können sich aber im Einzelfall – so in dem der Entscheidung der VK Bund zugrunde liegenden Sachverhalt – überschneiden. Möchte ein Bieter bzw. Bewerber sich zum Beleg seiner Eignung gerade auf einen Nachunternehmer berufen, so muss dieser Nachunternehmer zum einen im Zeitpunkt der Eignungsprüfung bereits feststehen und zum anderen muss er sich verpflichtet haben, seine „geliehenen“ Kapazitäten im Auftragsfall auch wirklich zur Verfügung zu stellen (§ 47 Abs. 1 Satz 1 VgV). Ein bloßer Vorbehalt, dass die Kapazitäten nur „möglicherweise“ zur Verfügung stehen, ist dagegen nicht ausreichend. Insofern ist die Entscheidung der VK Bund konsequent.