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Eintrag
Videoüberwachung in Unternehmen
12.01.2021 Eric Kessler, Dr. Lukas Ströbel

Videoüberwachung in Unternehmen

Aus datenschutzrechtlicher Sicht begann das Jahr 2021 mit einem Paukenschlag: Am 8. Januar 2021 verhängte die Landesbeauftragte für Datenschutz Niedersachsen (LfD Niedersachsen) ein Bußgeld in Höhe von 10,4 Millionen Euro gegen einen mittelständischen deutschen Elektronikhändler. Dieser hatte großflächig und dauerhaft Videokameras installiert, um den Diebstahl von Waren zu verhindern und den Warenfluss zu kontrollieren (die Pressemitteilung des LfD Niedersachsen finden Sie hier). Aus diesem Anlass geben wir Ihnen einen Überblick über die arbeits- und datenschutzrechtlichen Anforderungen an eine rechtmäßige Videoüberwachung in Unternehmen.

Hintergründe

Bereits vor Geltung der EU Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) beschäftigte die Videoüberwachung von Mitarbeitern regelmäßig datenschutzrechtliche Aufsichtsbehörden und Arbeitsgerichte. So musste beispielsweise die Supermarktkette Lidl bereits 2008 ein Bußgeld in Höhe von knapp 1,5 Millionen Euro zahlen, welches unter anderem mit einer heimlichen Mitarbeiterüberwachung durch Kameras begründet wurde. Aus datenschutz- und arbeitsrechtlicher Sicht sind Videoüberwachungen von Beschäftigten besonders kritisch zu bewerten, da ein ständiger Überwachungs- und Anpassungsdruck auf die Beschäftigten entstehen kann.

Grundsätze

Die Rechtmäßigkeit einer Videoüberwachung von Beschäftigten ergibt sich regelmäßig aus Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO. Danach ist eine Videoüberwachung regelmäßig dann zulässig, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Unternehmens notwendig ist und die Interessen oder Grundrechte der betroffenen Personen nicht überwiegen. Im Beschäftigungsverhältnis spielt dabei in erster Linie der mit der Videoüberwachung verbundene Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Beschäftigen eine Rolle, das gegen die Interessen des Unternehmens abzuwägen ist. Zusätzlich kann eine Videoüberwachung von Mitarbeitern gemäß § 26 Abs. 1 BDSG gerechtfertigt sein.

Anwendungsbeispiele

Aus der Praxis ergibt sich eine Reihe von Anwendungsfällen für unzulässige und zulässige Videoüberwachungen von Beschäftigten. Zu den einzelnen Fallgruppen existiert umfangreiche Einzelfallrechtsprechung der Arbeitsgerichtsbarkeit.

  • Offene Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume: Die Überwachung öffentlich zugänglicher Räume (wie bspw. die Verkaufsflächen) betrifft regelmäßig auch Mitarbeiter des Unternehmens. Eine solche Überwachung dient meist der Eigentumssicherung des Unternehmens gegen Dritte, womit die Überwachung der Beschäftigten eine bloße Nebenfolge ist. Eine Videoüberwachung ist in diesen Fällen rechtmäßig, soweit sie sich auf das erforderliche Maß beschränkt, also bspw. nur Bereiche mit besonders gefährdeten Waren umfasst.
     
  • Verdeckte Überwachung öffentlich zugänglicher Räume
    Eine verdeckte Überwachung öffentlich zugänglicher Räume kann zur Kontrolle der Mitarbeiter nur in Ausnahmefällen zulässig sein. Voraussetzung hierfür ist gemäß § 26 Abs. 1 BDSG, dass diese verdeckte Videoüberwachung das einzige Mittel zur Überführung eines Beschäftigten ist, gegen den ein konkreter Tatverdacht wegen der Begehung einer Straftat oder sonstiger Pflichtverletzungen besteht. Eine dauerhafte oder rein präventive Überwachung ist genauso wie die Überwachung zur Leistungs- und Verhaltenskontrolle der Mitarbeiter nicht rechtmäßig. Die Maßnahme muss zudem das mildeste Mittel zur Aufklärung des Verdachts darstellen. Das heißt, der Arbeitgeber muss zuvor mildere Mittel wie bspw. eine Befragung von Mitarbeitern oder eine persönliche Kontrolle durch Vorgesetzte erfolglos eingesetzt haben.
     
  • Offene Überwachung nicht öffentlich zugänglicher Räume
    Die offene Überwachung nicht öffentlich zugänglicher Räume (wie bspw. Büroräume) richtet sich ebenfalls nach § 26 Abs. 1 BDSG. Auch in diesem Fall ist regelmäßig ein konkreter Verdacht einer Straftat oder sonstigen Pflichtverletzung erforderlich. Unternehmen müssen dabei jedoch berücksichtigen, dass der Eingriff durch die Überwachung in nicht öffentlich zugänglichen Räumen besonders schwer wiegt. Besonders sensible Bereiche wie Umkleidekabinen, Sanitär- oder Pausenräume dürfen nicht überwacht werden. Auch die Überwachung von Bereichen, in denen sich Beschäftigte über lange Zeit aufhalten, ist nur in Ausnahmefällen rechtmäßig.

    Soweit die Überwachung der Mitarbeiter nicht Zweck der Maßnahme ist, kann diese sich auch nach Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO richten. Möglich sind Überwachungsmaßnahmen dann beispielsweise zur Sicherung von Lagerräumen außerhalb der Betriebszeiten, zur Zugangssicherung oder zur Verfolgung von Produktionsabläufen. Dabei ist die Maßnahme jedoch auf den konkret betroffenen Bereich zu beschränken und darf Mitarbeiter höchstens kurzfristig erfassen.
     
  • Verdeckte Überwachung nicht öffentlich zugänglicher Räume
    Die verdeckte Überwachung nicht öffentlich zugänglicher Räume ist nur in besonders zu begründenden Ausnahmefällen rechtmäßig. Sie muss die einzige dem Unternehmen verbliebene Möglichkeit darstellen, eine Straftat oder eine schwere Pflichtverletzung des Mitarbeiters aufzudecken oder zu verhindern. Dabei muss das Unternehmen besonders dokumentieren, warum der Zweck nicht durch eine offene Videoüberwachung erreicht werden kann.

Sonstige Anforderungen

Natürlich muss eine Videoüberwachung in Unternehmen auch die sonstigen datenschutzrechtlichen Anforderungen erfüllen. Insbesondere müssen Unternehmen durch Datenschutzhinweise und (bei offener Videoüberwachung) Hinweisschilder die Informationspflichten gegenüber den Beschäftigten erfüllen. Daneben kann eine Datenschutz-Folgenabschätzung notwendig sein und Unternehmen müssen die Anforderungen an die Speicherbegrenzung und das Need-to-Know-Prinzip einhalten.

Soweit es einen Betriebsrat im Unternehmen gibt, ist eine Videoüberwachung mitbestimmungspflichtig, da diese grundsätzlich zur Verhaltens- und Leistungsüberwachung der Mitarbeiter eingesetzt werden kann (vgl. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG). In diesem Fall muss der Einsatz von (Video-)Überwachungsmaßnahmen in einer Betriebsvereinbarung geregelt werden. Diese kann auch als datenschutzrechtlicher Rechtfertigungsgrund gegebenenfalls eine Videoüberwachung über die dargestellten Grundsätze hinaus rechtfertigen, wenn sie angemessene und besondere Maßnahmen zum Schutz der betroffenen Mitarbeiter beinhaltet.

Fazit

Inwiefern das hohe Bußgeld der LfD Niedersachen bestehen bleibt, ist fraglich. Das betroffene Unternehmen hat bereits Einspruch gegen den Bescheid eingelegt und hält diesen sowohl dem Grunde nach als auch in der Höhe für völlig unverhältnismäßig. Dennoch sollten Unternehmen den Fall zum Anlass nehmen, bestehende Videoüberwachungsmaßnahmen im Betrieb zu prüfen und gegebenenfalls rechtmäßig auszugestalten. Umfangreiche Hinweise zur Ausgestaltung finden Unternehmen auch in der Orientierungshilfe Videoüberwachung durch nicht-öffentliche Stellen der Datenschutzkonferenz. Neben den Bußgeldrisiken besteht bei unrechtmäßiger Überwachung auch ein Risiko von Schadensersatzansprüchen der Mitarbeiter. Schließlich kann eine unrechtmäßige Videoüberwachung zu einem prozessualen Beweisverwertungsverbot führen, das verhindert, dass das Unternehmen die in unzulässiger Weise erlangten Daten in einem arbeits- oder zivilgerichtlichen Prozess gegen den Beschäftigten verwerten darf.

Unsere Experten im Bereich Arbeitsrecht und Datenschutzrecht unterstützen Sie gerne bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Videoüberwachung in Ihrem Betrieb.

Autor:innen

Eric Kessler
Fachanwalt für Arbeitsrecht / Frankfurt
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Dr. Lukas Ströbel
Frankfurt
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