Dies hat das Oberlandesgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 27.10.2004 (- Verg 41/04 -) entschieden. Es widerspricht damit dem Oberlandesgericht Celle, das im Beschluss vom 01.07.2004 (- 13 Verg 8/04 -) die Ansicht vertreten hatte, bei einem entsprechenden Vertrag handele es sich nicht um einen öffentlichen Auftrag im Sinne von § 99 GWB, weil es an der Entgeltlichkeit der vereinbarten Verwertungsdienstleistung fehle. Der Düsseldorfer Vergabesenat sah sich daher veranlasst, die Sache dem Bundesgerichtshof (BGH) vorzulegen.
Entgeltlicher Vertrag über Altpapierverwertung?
Der Celler Vergabesenat war der Auffassung, das vertraglich vereinbarte, vom Auftraggeber als "Kaufpreis" zu leistende Entgelt entspreche dem Wert des Altpapiers. Ein höherer Wert könne dem Altpapier auch deswegen nicht beigemessen werden, weil das vereinbarte Entgelt das höchste gewesen sei, das von sechs überregional tätigen Unternehmen für das Altpapier angeboten worden sei. Ein Entgelt für die stoffliche Verwertung könne - so das OLG Celle - allenfalls dann angenommen werden, wenn der öffentliche Auftraggeber dem jeweiligen Entsorgungsunternehmen über den Verkauf des Altpapiers gegen einen angemessenen Preis hinaus etwas zuwende. Dies sei allerdings nicht der Fall. Zwar erhalte das Unternehmen durch die Überlassung des Papiers die Chance, dieses zu veredeln und hierdurch höhere Erlöse zu erzielen. Diese Chance habe aber bereits das Angebot und die Höhe des Entgelts beeinflusst. Auch wenn das Entgelt des Auftraggebers in einem Verzicht auf Ansprüche bestehe, werde sein Wert durch den Wert der Ansprüche durch den Auftraggeber bestimmt.
Anknüpfung an die Abfalleigenschaft - "Abfallende" bei Altpapier
Demgegenüber knüpft das Oberlandesgericht Düsseldorf an die fortbestehende Abfalleigenschaft und die Verwertungspflicht des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers an. Die Abfalleigenschaft des Altpapiers endet nach Auffassung des Gerichts frühestens mit der Herstellung von Faserbrei in der Papierfabrik, da erst dann ein sekundärer Rohstoff gewonnen und die stoffliche Abfallverwertung abgeschlossen sei. Die in der gemeinsamen Vereinbarung zwischen dem nordrhein-westfälischen Umweltministerium und dem Wirtschaftsverband der Rheinisch-Westfälischen Papiererzeugenden Industrie zugrundegelegte Annahme, bestimmte Altpapierqualitäten, die den Anforderungen der europäischen Altpapiersortenliste genügen, seien rechtlich nicht mehr als Abfall anzusehen, wenn sie ohne weitere Aufbereitungsmaßnahmen für den Einsatz in der Papierfabrik zur Verfügung stehen, verwirft das Gericht. An der Einstufung als Abfall ändere auch die Tatsache nichts, dass das unsortierte Altpapier einen Marktwert habe und Veräußerungserlöse erzielt werden könnten.
Entgelt auch bei fehlender ausdrücklicher Vereinbarung?
Das private Unternehmen habe sich daher vertraglich verpflichtet, die Verwertung des Altpapiers durchzuführen. Nach Auffassung des OLG Düsseldorf erbringt es die Verwertungsdienstleistung auch entgeltlich - und zwar selbst dann, wenn der Vertrag hierzu keine ausdrückliche Vereinbarung enthält. Ein gewerbliches Entsorgungsunternehmen habe grundsätzlich - so das Gericht - keine Veranlassung, die Entsorgungsleistungen unentgeltlich für den öffentlichen Auftraggeber zu erbringen. Auch Umfang und Dauer der geschuldeten Tätigkeit sprächen für eine Vergütungspflicht. Zudem fielen bei dem privaten Unternehmen die Kosten dafür an, dass das angelieferte Papier umgeschlagen, also umgeladen und zur Papierfabrik transportiert werde. Hinzu kämen die von der Länge des Transportweges abhängigen Transportkosten. Mit der Übereignung des Altpapiers sei schließlich die Chance verknüpft, durch eine weitere Veredelung des Papiermaterials Gewinne zu erzielen. Der Käufer könne deshalb ein Interesse daran haben, für unsortiertes Altpapier einen Preis zu zahlen, der ggf. höher liege als sein Wiederverkaufswert. Dies besage aber nicht, dass die für die Verwertungsleistung anfallenden Kosten bei der Bemessung des an den Verkäufer zu zahlenden Entgelts unberücksichtigt blieben; nach Auffassung des Gerichts fließen sie vielmehr in die Kalkulation als Verrechnungsposten mit ein und werden nur deshalb nicht gesondert ausgewiesen, weil sie geringer sind, als der derzeitige Marktpreis. Mit einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist in den nächsten Monaten zu rechnen.