In der Rechtssache C-513/99 hat der Europäische Gerichtshof insoweit entschieden, dass der öffentliche Auftraggeber den Zuschlag zwar auf das wirtschaftlich günstigste Angebot erteilen muss, er aber bei der Auswahl auch ökologische Kriterien zugrunde legen darf (vgl. EuGH, Urteil vom 17.09.2002, Rs. C-513/99). Voraussetzung hierfür ist lediglich, dass die ökologischen Kriterien in den Verdingungsunterlagen oder in der Vergabebekanntmachung ausdrücklich aufgeführt sind, ein Zusammenhang mit der ausgeschriebenen Dienstleistung besteht und dem öffentlichen Auftraggeber damit keine uneingeschränkte Entscheidungsfreiheit eingeräumt wird, sowie letztlich, dass die ausgewählten Kriterien nicht gegen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts, insbesondere das Diskriminierungsverbot, verstoßen.
Neue Vergabekriterien
Nach dem im Vermittlungsverfahren erzielten Wortlaut des Richtlinienentwurfs dürfen öffentliche Auftraggeber zukünftig auch besonders umweltfreundliche Herstellungsverfahren vorschreiben, etwa Methoden des ökologischen Landbaus bei Nahrungsmitteln für Schulen. Vergleichbare Bedingungen würden nach dem vereinbarten Kompromiss auch für die Anwendung sozialer Kriterien gelten. In der Praxis würde dies z. B. bedeuten, dass die öffentlichen Auftraggeber zukünftig bei der Errichtung öffentlicher Gebäude auf Kriterien wie die Zugänglichkeit für Personen mit einer Behinderung abstellen könnten. Zudem können Unternehmen, die EU-Bestimmungen im wirtschaftlichen, sozialen oder ökologischen Bereich nicht einhalten, vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden.
Schwellenwerte bleiben nahezu unverändert
Neben der Vereinfachung der bislang geltenden Richtlinien ist Hauptziel des Gesetzgebungspakets, die Vergabevorschriften an die Bedürfnisse einer modernen Verwaltung anzupassen. Die elektronische Abwicklung von Vergabeverfahren wird daher zukünftig erleichtert. Zudem erweitert das Legislativpaket die Dialogmöglichkeiten zwischen Auftraggebern und Bietern zur Festlegung der Auftragsbedingungen bei komplexen Aufträgen. Den Telekommunikationssektor schließt das Paket vom Anwendungsbereich des Vergaberechts aus, da dort nach Auffassung der Kommission inzwischen effektiver Wettbewerb herrscht. Entgegen der ursprünglichen Absicht der Kommission bleiben die jeweils maßgeblichen Schwellenwerte nach der Einigung im Vermittlungsverfahren überdies nahezu unverändert.
Vermittlungsverfahren werden eingeleitet, wenn das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission sich zwar nicht in allen Punkten über einen Gesetzgebungsvorschlag der Kommission einigen können, gleichwohl aber so viele Gemeinsamkeiten existieren, dass Aussicht auf Einigung besteht. Die im Vermittlungsausschuss am 02.12.2003 erzielte Einigung muss nunmehr vom Plenum des Parlaments und vom Rat gebilligt werden.