Ein Ausschluss eines Bieters ist im Falle einer schweren Verfehlung nicht in jedem Fall angezeigt, sondern nur dann gerechtfertigt, wenn eine negative Prognose für das laufende Vergabeverfahren bzw. die spätere Auftragsdurchführung besteht. Das hat die Vergabekammer Sachsen in einem aktuellen Beschluss vom 08.08.2008 (1/SVK/039-08) festgestellt. In dem zu entscheidenden Fall war der im Rahmen einer VOB/A-Ausschreibung an erster Stelle liegende Bieter in einem früherem Vergabeverfahren (über nicht vergleichbare Leistungen) wegen einer schweren Verfehlung ausgeschlossen worden. Konkret hatte der Geschäftsführer des betroffenen Bieters einen Beeinflussungsversuch gegenüber der Thüringer Staatskanzlei unternommen, um eine Zuschlagserteilung an sein Unternehmen zu erreichen. Dabei waren Informationen über den Angebotsinhalt eines ausländischen Mitbieters zugespielt worden. Der Auftraggeber schloss daraufhin den Bieter in dem aktuell laufenden Vergabeverfahren aus – zu Unrecht, so die Vergabekammer Sachsen.
Erfordernis einer negativen Prognose
Nach Auffassung der Vergabekammer Sachsen bedarf es für den Ausschluss eines Bieters wegen eines schwerwiegenden Fehlverhaltens im Zusammenhang mit einem früheren Vergabeverfahren einer (dokumentierten) negativen Prognose im Hinblick auf die Zuverlässigkeit des Bieters für das aktuelle Verfahren. Der frühere Vergaberechtsverstoß wirke vorliegend in dem aktuell anstehenden Vergabeverfahren nicht fort, so die Vergabekammer, weil es im aktuellen Vergabeverfahren keine Konkurrenzsituation zum einem ausländischen Bieter gebe. Darüber hinaus habe der Auftraggeber nicht vorgetragen, dass der betroffene Bieter über Insider-Wissen verfüge, welches er nun wettbewerbswidrig einsetzen wolle.
Fazit
Im Rahmen der Eignungsprüfung kommt einem öffentlichen Auftraggeber insbesondere in Bezug auf die Zuverlässigkeit eines Bieters grundsätzlich ein weiter Prognosespielraum zu. Gleichwohl - und dies hat die Vergabekammer Sachsen nunmehr hervorgehoben – sind bestimmte Grenzen zu beachten. So begründet nicht jede schwere Verfehlung im Rahmen früherer Vergabeverfahren automatisch einen Ausschlussgrund. Immer muss ein öffentlicher Auftraggeber prüfen, ob die früheren Verfehlungen aktuell Zweifel an der Zuverlässigkeit des Bieters für das konkrete Vergabeverfahren begründen. In jedem Fall ist einem öffentlichen Auftraggeber dringend anzuraten, die entsprechenden Überlegungen zu dokumentieren. Nur so kann er im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens etwaigen Vorwürfen eines ausgeschlossenen Bieters entgegentreten.