Das setzt zweierlei voraus: Erstens muss das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen angegriffen werden. Das geschieht, wenn die Vermögenswerte (Aktiva) die bestehenden Verbindlichkeiten, Rückstellungen und das gezeichnete Stammkapital nicht mehr abdecken. Zweitens muss es sich um eine „Auszahlung“ im Sinne von § 30 Abs. 1 GmbH-Gesetz handeln. Bislang war ein Darlehen der GmbH an ihre Gesellschafter jedenfalls nach einer verbreiteten Literaturmeinung dann keine Auszahlung, wenn der Kredit zu marktüblichen Bedingungen gewährt wurde und der Rückzahlungsanspruch vollwertig war. Dann kam es nämlich zu einem reinen Aktivtausch: Statt des vorher verbuchten Geldes wurde die Forderung gegen den Gesellschafter aktiviert und somit „unter dem Strich“ nichts weggegeben.
Der BGH sieht dies nun anders. Die Richter meinen, die Angelegenheit sei nicht rein bilanziell zu sehen. Es müsse auf die tatsächliche Erhaltung der Haftungsmasse ankommen. Eine Forderung sei deswegen nicht dasselbe wie verfügbares Geld. Daher seien Kredite an Gesellschafter, wenn sie das durch § 3 GmbH-Gesetz gebundene Vermögen angreifen, auch dann verbotene Auszahlungen, wenn der Rückzahlungsanspruch vollwertig sein sollte. Der Geschäftsführer wiederum ist verpflichtet, eine solche Auszahlung zu unterbinden.
Dieses Urteil kann weitreichende Bedeutung haben. Es erfasst nicht nur Darlehen an natürliche Gesellschafter, sondern auch an juristische Personen. Daher wirkt es sich auch auf Konzerne und ihre Finanzierungsstrukturen aus. Es müssen jetzt alle Formen von Darlehen nach oben (up-stream-lones) oder auch Sicherheiten zu Gunsten der Obergesellschaft überprüft werden. Auch die bei vielen Konzernen üblichen zentralen Cash-Management-Systeme sind auf ihre Vereinbarkeit mit dem neuen Richterspruch zu überprüfen. Hier kommt es nämlich dann zu Darlehensgewährungen nach oben, wenn das zentrale Crash-Management-Konto bei der Konzernmutter geführt wird und einen positiven Saldo zu Gunsten der Tochter ausweist.