In der Sache schrieb die Vergabestelle im Wege eines Verhandlungsverfahrens Ingenieurleistungen zur Bauüberwachung aus. Das für den Zuschlag vorgesehene Ingenieurbüro hatte für das betroffene Bauvorhaben bereits die Generalplanerleistungen, namentlich die Erstellung der Entwurfs- und Genehmigungsplanung, durchgeführt. Die gefertigte Entwurfsplanung stellte die Vergabestelle allen Bietern in einem DATA-Room zur Verfügung. Die Zuschlagserteilung auf das Angebot des vorbefassten Ingenieurbüros ist nach Auffassung des OLG Brandenburg vergaberechtskonform.
Kein Wissensvorsprung oder Kalkulationsvorteil
Zur Begründung führt das OLG Brandenburg an, dass aus der Erstellung der Entwurfsplanung für dasselbe Bauvorhaben dem entsprechenden Bieter keine ungerechtfertigten Vorteile entstanden seien. Zum einen habe der Auftraggeber zum Ausgleich etwaiger Wissensvorsprünge alle Bieter mit gleichen Informationen versorgt. Die Entwurfsplanung sei zur Verfügung gestellt worden. Zum anderen führten die bei der Erstellung der Entwurfsplanung erlangten Kenntnisse nicht zu Kalkulationsvorteilen. Kalkulationsfaktoren seien bei Bauüberwachungsleistungen Qualität und Quantität der bauausführenden Leistungen, die Umsetzung der Ausführungsplanung sowie Zeit und Größe des Vorhabens, nicht jedoch die Entwurfsplanung. Im Ergebnis lägen wettbewerbswidrige Vorteile des ausgewählten Ingenieurbüros nicht vor. Allein die abstrakte Möglichkeit einer Wettbewerbsbeeinträchtigung könne einen Ausschluss nicht rechtfertigen.
Fazit
Die Entscheidung bringt für Architekten und Ingenieure bei öffentlichen Ausschreibungen insoweit Klarheit, als dass die stufenweise Beauftragung an einen Auftragnehmer (Entwurfsplanung und Bauüberwachung) grundsätzlich zulässig ist. Das OLG Brandenburg stellt – ebenso wie bereits zuvor der EuGH – klar, dass allein die abstrakte Möglichkeit einer Wettbewerbsbeeinträchtigung einen Ausschluss nicht rechtfertigen kann. In jedem Fall sollte eine Vergabestelle sicherstellen, dass alle Bieter mit den gleichen Informationen versorgt werden und der Entwurfsplaner nicht über etwaige Wissensvorsprünge verfügt. Konkret sollte der Auftraggeber daher alle relevanten Unterlagen zur Verfügung stellen. Sofern Kenntnisse aus der vorherigen Tätigkeit zudem keinerlei Einfluss auf die Kalkulation haben und dementsprechend keine Kalkulationsvorteile bestehen, ist eine Bezuschlagung des Entwurfsplaners vergaberechtlich unproblematisch. Dagegen können Interessenskonflikte nicht ausgeglichen werden. Fordert ein Auftraggeber beispielsweise Neutralität des Bauüberwachers gegenüber dem Generalplaner, führt ein solcher Interessenskonflikt regelmäßig zum Angebotsausschluss des Generalplaners (vgl. so auch OLG Brandenburg vom 16.01.2007 – Verg W 7/06).