Nach einer Änderung der Coronaschutzverordnung NRW (CoronaSchVO NRW) haben Beschäftigte und Arbeitgeber in Nordrhein-Westfalen seit dem 09.07.2021 eine neue Testpflicht zu beachten.
Die Neuregelung
Beschäftigte, die nach dem 01.07.2021 mindestens fünf Werktage hintereinander aufgrund von Urlaub und vergleichbaren Dienst- oder Arbeitsbefreiungen (z.B. Zeitausgleich) nicht gearbeitet haben, müssen am ersten Arbeitstag nach dieser Arbeitsunterbrechung dem Arbeitgeber einen Negativtestnachweis vorlegen oder im Verlauf des ersten Arbeitstages einen dokumentierten beaufsichtigten Test im Rahmen der Beschäftigtentestung durchführen, vgl. § 7 Abs. 3 Satz 1 CoronaSchVO NRW.
Nehmen Beschäftigte nach ihrem Urlaub (oder vergleichbarer Arbeitsbefreiung) die Arbeit im Home-Office auf, gilt die Testpflicht für den ersten Tag, an dem die Arbeit wieder im Betrieb oder an sonstigen Einsatzorten außerhalb der eigenen Häuslichkeit – z.B. bei einem Kunden – stattfindet.
Die Vorschrift stellt – anders als Regelungen im Vorjahr – nicht darauf ab, wo die Beschäftigten ihren Urlaub verbracht haben; insbesondere kommt es nicht auf einen Aufenthalt in einem Risikogebiet an. Auch Beschäftigte, die ihren Urlaub zu Hause verbringen, unterliegen der dargestellten Verpflichtung. Ausgenommen sind lediglich solche Beschäftigte, die bereits vollständig immunisiert sind. Dies sind nach der Definition der CoronaSchVO NRW Personen, die vollständig geimpft oder genesen sind und weder typische Symptome einer Coronavirus-Infektion noch eine akute Infektion aufweisen.
Praxishinweise
Grund für die Einführung dieser Testpflicht war, dass insbesondere der (Sommer-)Urlaub – auch dann, wenn er zu Hause verbracht wird – im Vergleich zum Arbeitsalltag regelmäßig mit mehr Kontakten zu anderen Menschen verbunden ist. Eine Übertragbarkeit der Regelung auf Fälle der Betriebsabwesenheit, die keine „vergleichbaren Arbeitsbefreiungen“ darstellen, – wie etwa Krankheit, Schichtarbeit, Home-Office oder Dienstreisen – schließt das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales Nordrhein-Westfalen (MAGS NRW) in einem Merkblatt zu der Neuregelung (insoweit deklaratorisch) aus.
Der am ersten (Präsenz-)Arbeitstag vorzulegende Negativtestnachweis darf nach Angaben des MAGS NRW maximal 48 Stunden alt sein. Ein Selbsttest ist nur im Rahmen der beaufsichtigten Beschäftigtentestung im Betrieb möglich, insoweit kann einer der zwei wöchentlich vom Arbeitgeber ohnehin anzubietenden Coronavirus-Tests verwendet werden.
Da sowohl Verstöße der Beschäftigten gegen die Pflicht zur Vorlage eines Testnachweises bzw. der Pflicht zur Durchführung eines Beschäftigtentests im Betrieb als auch Verstöße eines Arbeitgebers gegen seine Pflicht zur Kontrolle der Testnachweise bzw. zur Sicherstellung der Testdurchführung im Betrieb gemäß § 23 Abs. 2 Nr. 4a, Abs. 1 CoronaSchVO NRW – (jeweils) mit bis zu 25.000,00 Euro – bußgeldbewährte Ordnungswidrigkeiten darstellen, verdient die Neuregelung besondere Beachtung aller Beteiligten.
Der Arbeitgeber hat dafür Sorge zu tragen, dass die Testnachweise bzw. – im Falle eines Berufens auf die Ausnahmeregelung – die Nachweise über eine Impfung oder Genesung tatsächlich kontrolliert werden. Er hat ein – im Fall einer Überprüfung gegenüber den Behörden darstellbares – Kontrollsystem zu implementieren. Hierbei sollte insbesondere klar geregelt sein, dass und wie nachgehalten wird, dass eine urlaubsbedingte Abwesenheit eines Beschäftigten von mindestens fünf Werktagen die dargestellten Pflichten auslöst, und welche Personen insoweit – auch für die Überprüfung der Nachweise über die Testung, Impfung oder Genesung – im Betrieb verantwortlich sind. Im Hinblick auf die alternativ zu dokumentierenden und unter Aufsicht durchzuführenden Beschäftigtentestungen kann das bestehende System zur Testangebotspflicht erweitert werden. Schließlich sollten Arbeitgeber ihre Beschäftigten vorab bereits über die Neuregelung und die Mitwirkungspflichten sowie die konkrete Umsetzung im Betrieb informieren. Soweit es den Beschäftigten freisteht, wann sie im Home-Office und wann sie im Betrieb arbeiten, sollten sie zudem aufgefordert werden, anzugeben, zu welchem Zeitpunkt sie nach einer urlaubsbedingten Abwesenheit wieder im Betrieb erscheinen.
Besteht ein Betriebsrat, sind dessen Mitbestimmungsrechte zu beachten. Solche können sich zum einen aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ergeben (etwa. bzgl. der Einzelheiten des Testverfahrens bei der Beschäftigtentestung), zum anderen kann auch § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG betroffen sein (so ist z.B. die betriebliche Ordnung betroffen, wenn geregelt wird, wo und wem konkret die Nachweise über Tests und Impfungen vorzulegen sind).
Weigert sich ein Beschäftigter, den dargestellten Pflichten – trotz der ordnungswidrigkeitsrechtlichen Folgen eines solchen Verhaltens – nachzukommen, und kann dieser Beschäftigte auch nicht auf einen isolierten Arbeitsplatz im Betrieb eingesetzt werden, bietet der Beschäftigte seine Arbeitsleistung nicht ordnungsgemäß an. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer in einem solchen Fall auch keine Home-Office-Tätigkeit ermöglichen, sondern kann das Angebot des Beschäftigten zur Erbringung einer Arbeitsleistung aus Gründen des betrieblichen Infektionsschutzes ablehnen, ohne in Annahmeverzug zu geraten. Zudem sind in einer solchen Konstellation arbeitsrechtliche Sanktionen denkbar. Schließlich bleibt es dem Arbeitgeber unbenommen, das zuständige Ordnungsamt auf den Sachverhalt aufmerksam zu machen. In jedem Fall sollte er seine Aktivitäten, z.B. Hinweise auf die Verpflichtung des Beschäftigten, dokumentieren.
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