Das Bundesumweltministerium hat den Referentenentwurf des Kreislaufwirtschaftsgesetzes fertiggestellt. Der nach den beigefügten Eckpunkten mit den Ressorts „weitgehend“ abgestimmte Entwurf enthält einige Änderungen zur Februarfassung – vgl. hierzu unseren<link aktuelles newsletter external-link-new-window> Beitrag vom 27.02.2010 – wobei die Änderungen teilweise gravierend sind bzw. gravierende Auswirkungen auf die Abfallentsorgung haben können. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sind bei erster Durchsicht unter anderem in folgenden Bereichen im Vergleich zum Vorentwurf Abweichungen festzustellen:
Gesetzeszweck
Anwendungsbereich, z. B. Ausnahmetatbestand kontaminierte Bauwerke
Entledigungstatbestand beim Abfallbegriff
Definition gewerbliche und gemeinnützige Sammlung
Nebenprodukte
Strukturierung der Abfallhierarchie unter anderem mit einem neuen Vorrang- und Gleichrangprinzip
Heizwertgrenze 11.000 kJ/kg
Regelungen zu Bioabfällen und Klärschlamm
Regelungen zu den gewerblichen Sammlungen
Vorschriften für Entsorgungsfachbetriebe
Vorschriften für den Transport, für Händler und Makler
Neben der Bezugnahme auf die Änderungen sollte man bei der Lektüre diejenigen Passagen ins Blickfeld nehmen, die – trotz entsprechender Ergänzungswünsche von Teilen der betroffenen Wirtschaft – keiner Überarbeitung unterzogen wurden. Hervorzuheben ist hierbei die viel diskutierte Wertstofftonne, deren Konturen im Referentenentwurf ähnlich unscharf geblieben sind wie in dem Arbeitsentwurf aus Februar: Was darf hinein? Wer darf sie aufstellen? Wie finanziert sich das Projekt? Die Fragen bleiben und werden bei unveränderter Gesetzesfassung erst durch eine künftige Verordnung beantwortet werden – sofern die bislang vorgesehenen Verordnungsermächtigungen hierfür überhaupt ausreichend sind. Die Angelegenheit bleibt eine Reise ins Unbekannte.
Die Struktur der nach europäischen Vorgaben eigentlich fünfstufigen Abfallhierarchie in den §§ 6 bis 8 der Entwurfsfassung ist hinsichtlich ihrer Vollziehbarkeit ähnlich anspruchsvoll geblieben wie im Vorentwurf. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die bedeutsame Änderung zur Heizwertgrenze von 11.000 kJ/kg. Die genannte Heizwertgrenze ist entgegen der Forderung einiger Verbände weder gestrichen noch reduziert worden. Stattdessen wurde unter anderem über ein Vorrang- und Gleichrangprinzip eine Art von Flexibilisierung vorgenommen. Abgesehen davon können durch Verordnungsregelungen stoffstromspezifische Vorgaben zu Mindestheizwerten gemacht werden. Dem Vernehmen nach hat das BMU mit der Europäischen Kommission über die grundsätzliche Vereinbarkeit einer Heizwertgrenze mit den Vorgaben der Abfallrahmenrichtlinie bereits gesprochen.
Das Thema „gewerbliche Sammlung“ ist erwartungsgemäß im Vergleich zur Februarfassung weiterentwickelt worden. Die entsprechenden Vorschriften finden sich in den §§ 17 und 18. Zudem wurde in § 3 Abs. 18 eine Definition der „gewerblichen Sammlung“ aufgenommen. Vorläufige Bewertung: Die Definition ist ohne Einschränkung zu begrüßen, da sie nicht nur für Klarheit sorgt, sondern der Gesetzgeber – anders als noch das Bundesverwaltungsgericht – zumindest bei den Begrifflichkeiten bemüht ist, die europäischen Vorgaben einzuhalten. Entsprechendes gilt für den Umstand, dass die für die Anzeige zuständige Behörde nicht mit dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger identisch sein darf (§ 18 Abs. 1 Satz2). Die übrige Regelungstechnik ist vermutlich nur aus der Sicht eines im Abfallrecht tätigen Rechtsanwalts mehr als begrüßenswert, da die zu prognostizierenden behördlichen Entscheidungen zu „überwiegenden öffentlichen Interessen“ gemäß § 17 Abs. 4 zu endlosen Auseinandersetzungen um einzelne Stoffströme aus privaten Haushaltungen führen werden. Diese Wertung ist der nach wie vor festzustellenden, erheblichen Anzahl unbestimmter Rechtsbegriffe in der zitierten Norm geschuldet. Aus der Sicht der privaten und kommunalen Entsorgungswirtschaft dürfte die Euphorie aber eher verhalten ausfallen, da Rechts- und Planungssicherheit in diesen Bereichen nach wie vor nicht gegeben sein werden.
Praxisbedeutsam ist auch die Änderung bei den Vorgaben für die Entsorgungsfachbetriebe in § 56 der Fassung des Referentenentwurfs. Es sind zusätzliche materielle Anforderungen an die Zertifizierung bereits auf gesetzlicher Ebene vorgesehen. Dem Vernehmen nach ist die Initiative hierzu aus den Umweltverwaltungen der Bundesländer gekommen.
Wie geht es weiter? Anhörung der beteiligten Kreise im September. Anschließend Notifizierung in Brüssel. Parlamentarisches Verfahren im Frühjahr 2011. Inkrafttreten nicht vor Jahresmitte 2011.
Wir werden weiter berichten.
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