Der Gesetzgeber hat zum 01.01.2023 in § 12 Abs. 3 Umsatzsteuergesetz (UStG) Lieferungen von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, unter bestimmten Voraussetzungen von der Umsatzsteuer befreit. Anbieter solcher Photovoltaikanlagen und der wesentlichen Komponenten müssen jedoch bei der Auszeichnung der Produkte einige Regeln beachten, anderenfalls drohen Abmahnungen. avocado rechtsanwälte hat jüngst einen Anbieter von Komponenten für Photovoltaikanlagen erfolgreich vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf vertreten und eine einstweilige Verfügung abgewehrt.
Rechtlicher Hintergrund
Der vom Unternehmer in der Werbung angegebene Gesamtpreis muss nach § 3 Abs. 1 Preisangabenverordnung (PAngV) die Umsatzsteuer enthalten. Preise ohne Umsatzsteuer, also Nettopreise, dürfen nur im B2B-Rechtsverkehr zur Preisauszeichnung genutzt werden.
Probleme können sich bei Produkten ergeben, die unter bestimmten Voraussetzungen von der Umsatzsteuer befreit sind, wie Photovoltaikanlagen und deren wesentliche Komponenten. Das Oberlandesgericht Frankfurt (Beschluss vom 05.05.2023, Az. 6 W 28/23) sowie das Oberlandesgericht Schleswig (Urteil vom 15.06.2023, Az. 6 W 9/23) haben entsprechende Angebote wegen Verstoßes gegen § 3 Abs. 1 PAngV sowie das Irreführungsverbot aus § 5 UWG untersagt, weil in den dortigen Fällen nicht klar darauf hingewiesen wurde, dass der angegebene Gesamtpreis 0% Umsatzsteuer enthält und diese Nullbesteuerung an bestimmte Voraussetzungen geknüpft ist.
So weit, so gut.
Unser Fall ging jedoch darüber hinaus.
Der Fall
Die Mandantin vertreibt Komponenten für Photovoltaikanlagen, u.a. sog. Solarprofile. Diese dienen dazu, Solarpaneele auf dem Dach zu befestigen. Sie sind besonders leicht und weisen Nuten auf, in welche Sechskantschrauben geschoben werden können, um die Solarpaneele mit der Dachkonstruktion zu verbinden.
Ziff. 12.18 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses des Bundesfinanzministeriums nennt als wesentliche Komponenten einer Photovoltaikanlage ausdrücklich:
- Wechselrichter,
- Dachhalterung,
- Energiemanagement-System,
- Solarkabel,
- Einspeisesteckdose (sog. Wieland-Steckdose),
- Funk-Rundsteuerungsempfänger,
- Backup Box und der Notstromversorgung dienende Einrichtungen.
Von der Privilegierung ausgenommen sein sollen aber „z. B. Schrauben, Nägel und Kabel, auch wenn diese für die Installation der Anlage notwendig sind“.
Die Mandantin hat die Solarprofile mit „0% Mehrwertsteuer“ beworben und im Angebot ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Nullbesteuerung nur unter den näher bezeichneten Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 UStG gelte. Ein Wettbewerber war jedoch der Meinung, das Angebot mit „0% Mehrwertsteuer“ sei dennoch irreführend, weil die Solarprofile gar keine wesentlichen Komponenten einer Photovoltaikanlage seien, sondern handelsübliche Schienen, die für allerlei Anwendungszwecke geeignet seien. Sie seien daher eher mit Schrauben, Nägeln oder Kabeln vergleichbar. Es sei daher der reguläre Umsatzsteuersatz anzusetzen.
Das Landgericht Düsseldorf ist dieser Argumentation gefolgt und hat die beantragte einstweilige Verfügung erlassen.
Wir wurden in der Berufungsinstanz mandatiert und konnten für unsere Mandantin erreichen, dass die einstweilige Verfügung aufgehoben wurde.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf (Urteil vom 21.12.2023, Az. 20 U 95/23) folgte der Argumentation von avocado rechtsanwälte und hob die einstweilige Verfügung auf. Es komme gar nicht darauf an, ob auf die Solarprofile tatsächlich der Nullsteuersatz anzuwenden sei, was wir jedoch ohnehin durch Vorlage eines Sachverständigengutachtens glaubhaft gemacht hatten. Ein etwaiger Verstoß gegen steuerrechtliche Vorgaben könne schon per se keinen Wettbewerbsverstoß begründen, da die Steuergesetze keine Marktverhaltensregeln seien. Im – hier allein relevanten – B2C-Verkehr komme auch ein Verstoß gegen § 3 Abs. 1 PAngV oder eine Irreführung nach § 5 UWG nicht in Betracht. Der Verbraucher bekomme, wie vom Gesetz gefordert, einen Endpreis enthaltend 0% Mehrwertsteuer angezeigt und werde auch darüber aufgeklärt, dass dieser an bestimmte Voraussetzungen geknüpft sei. Irre sich nun der Verkäufer über den anzuwendenden Steuersatz und müsse er in der Folge doch den Regelsteuersatz an das Finanzamt abführen, sei das ein Kalkulationsirrtum des Verkäufers, der nicht zulasten des Käufers gehe, der Verkäufer habe nämlich grundsätzlich keinen Anspruch auf nachträgliche Preisanpassung. Anders könne dies nur im B2B-Bereich sein, wenn dem Verkäufer ein nachträgliches Preisanpassungsrecht zustehe (was nur im Ausnahmefall anzunehmen sei) und für den Käufer Probleme beim Vorsteuerabzug entstünden. Dies sei hier aber ausgeschlossen, weil für gewerbliche Abnehmer die Privilegierung des § 12 Abs. 3 UStG ohnehin nicht gelte.
Sollten Sie von einer Abmahnung wegen angeblich fehlerhafter Preisauszeichnung von Photovoltaikanlagen oder deren Komponenten betroffen sein oder sich hinsichtlich der rechtssicheren Gestaltung Ihres Angebots beraten lassen wollen, zögern Sie nicht, die Expert:innen unserer Praxisgruppe IT/IP und Medienrecht zu kontaktieren.