Mit dem Urteil vom 28. 06.2005 (Az. 1 ABR 26/04) hat das BAG diese Auffassung bestätigt.
Praxistipp
Werden dem Betriebsrat anlässlich einer beabsichtigten Einstellung Bewerbungsunterlagen vorgelegt, ist zwingend darauf zu achten, dass dem Betriebsrat neben den von dem Bewerber eingereichten Unterlagen auch solche Unterlagen zur Verfügung gestellt werden, die erst der Arbeitgeber über den Bewerber angefertigt hat. Dazu gehören etwa Personalfragebögen, schriftliche Auskünfte von dritter Seite sowie Ergebnisse von Tests oder Einstellungsprüfungen. Das gilt auch für die Unterlagen abgelehnter Bewerber. Bewerberauswahlverfahren müssen ausführlich dokumentiert und dann auch dem Betriebsrat zugänglich gemacht werden.
Die Einzelheiten
Nach § 99 Absatz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung zu unterrichten und ihm insbesondere die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen. Der Betriebsrat ist berechtigt, die Zustimmung zu der beabsichtigten Einstellung in den in § 99 Absatz 2 BetrVG genannten Fällen zu verweigern. Nach § 99 Absatz 3 BetrVG muss der Betriebsrat eine Verweigerung seiner Zustimmung unter Angabe der Gründe innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitteilen. Die Zustimmung des Betriebsrates zur Einstellung gilt dann als erteilt, wenn der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb einer Woche mitteilt.
Das BAG hat in seinem Beschluss zunächst verdeutlicht, dass Bewerbungsunterlagen in diesem Sinne sämtliche von dem Bewerber selbst eingereichten Unterlagen sind. Hierzu zählen zum Beispiel Bewerbungsschreiben, Zeugnisse, Teilnahmebestätigungen, Lebenslauf, Lichtbild, Angaben über den Gesundheitszustand etc. Einschränkungen können sich nach der Auffassung des BAG insoweit ergeben, als etwa umfangreiche Unterlagen des Bewerbers lediglich Bestätigungen für ohnehin im Lebenslauf mitgeteilte Umstände und Daten enthalten oder wenn der Arbeitgeber die aus den Unterlagen ersichtlichen Daten in eine selbst erstellte Übersicht überträgt. Nach Auffassung des BAG ist der Arbeitgeber verpflichtet, die entsprechenden Unterlagen nicht nur bezüglich der von ihm zur Einstellung schließlich vorgesehenen Bewerber, sondern bezüglich aller – auch der abgelehnten Stellenbewerber – vorzulegen. Das BAG hat außerdem deutlich gemacht, dass als erforderliche Unterlagen neben den von den Bewerbern selbst eingereichten Unterlagen auch solche Unterlagen anzusehen sind, die erst der Arbeitgeber anlässlich der Bewerbung über die Person des Bewerbers erstellt hat - wie etwa Personalfragebögen, schriftliche Auskünfte von dritter Seite sowie etwa Ergebnisse von Tests oder Einstellungsprüfungen.
Die Vorlage der vollständigen Unterlagen ist insbesondere deshalb zu beachten, weil eine unvollständige Vorlage der Bewerbungsunterlagen die einwöchige Frist des § 99 Absatz 3 BetrVG, innerhalb derer der Betriebsrat die Zustimmung zu der personellen Maßnahme verweigern kann, nicht in Gang setzt. Nach Auffassung des BAG soll dies selbst dann gelten, wenn der Betriebsrat trotz der Vorlage unvollständiger Bewerbungsunterlagen fristgerecht Stellung nimmt, da der Arbeitgeber aus einer entsprechenden Stellungnahme nicht ableiten könne, dass die Unterrichtung des Betriebsrates ausreichend gewesen sei.
Mit dem Urteil vom 28.06. 2005 (Az. 1 ABR 26/04) hat das BAG seine Auffassung bestätigt, indem es entschied, dass der Betriebsrat dann nicht ausreichend informiert werde, wenn ihm lediglich mitgeteilt wird, dass von drei in der letzten Bewerbungsrunde interviewten Kandidaten einer die Auswahlkriterien am besten erfüllt habe. Insoweit ist nach Auffassung des BAG auch erforderlich, dass dem Betriebsrat gegenüber Angaben über die Gespräche mit den anderen (abgelehnten) Bewerbern gemacht werden, um eine ordnungsgemäße Unterrichtung sicherzustellen.
Insbesondere im Hinblick auf ein in Aussicht stehendes (nationales) Antidiskriminierungsgesetz ist künftig darauf zu achten, dass in den Aufzeichnungen eines Arbeitgebers nicht solche Vermerke oder Hinweise enthalten sind, die auf eine mögliche – wenn auch unbeabsichtigte – Diskriminierung hinweisen. Dem Betriebsrat steht nämlich nach § 99 Absatz 2 BetrVG ein Zustimmungsverweigerungsrecht unter anderem für den Fall zu, dass ein Verstoß gegen ein Gesetz vorliegt. Ein solcher Verstoß wird bei der Bewerberauswahl künftig auch dann vorliegen, wenn diese nicht diskriminierungsfrei durchgeführt wird. Insbesondere bei Massenbewerbungsverfahren wird daher ein erheblicher Aufwand erforderlich sein, um den Betriebsrat einerseits ordnungsgemäß zu unterrichten, andererseits aber auch dafür zu sorgen, dass nicht etwa missverständliche Aussagen in Anmerkungen des Arbeitgebers Angriffspunkte für den Betriebsrat liefern. Standardisierte Verfahren können dabei helfen, auch im Falle einer Bewerbungsflut noch eine ordnungsgemäße Unterrichtung durchzuführen, ohne dem Betriebsrat Angriffsfläche zu liefern.