Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am 04.12.2008 das Schreiben zur „Umsatzsteuer; Leistungsbeziehungen bei der Abgabe werthaltiger Abfälle; Anwendung der Grundsätze des tauschähnlichen Umsatzes“ veröffentlicht. Das Schreiben enthält Ausführungen dazu, wann bei der Entsorgung werthaltiger Abfälle ein sogenannter tauschähnlicher Umsatz vorliegt. Das Schreiben gilt grundsätzlich ab sofort und ist in allen offenen Fällen anzuwenden. Allerdings gibt es eine Übergangsfrist: Danach wird es bei vor dem 01.07.2009 abgeschlossenen Verträgen über die Lieferung oder die Entsorgung von Abfällen bis zum 31.12.2010 nicht beanstandet, wenn die Beteiligten davon ausgegangen sind, dass kein tauschähnlicher Umsatz vorliegt.
Zur Verdeutlichung dessen, was sich hinter dem Begriff „Tauschähnlicher Umsatz“ verbirgt, folgendes Beispiel: Ein Entsorger übernimmt die Entsorgung von einer Tonne Abfall für 80,- EUR. Die Parteien vereinbaren, dass der Entsorger die im Abfall enthaltenen Wertstoffe behalten und vermarkten darf. Den Preis für die Wertstoffe legen die Beteiligten auf 20,- EUR fest. Das Entgelt für die Entsorgungsleistung beträgt damit 80,- EUR + 20,- EUR + 19,- EUR USt, d.h. insgesamt 119,- EUR. In der Überlassung des Abfalls zur Entsorgung liegt umsatzsteuerlich eine Lieferung, deren Bemessungsgrundlage der Wert der Entsorgungsleistung ist. Der Wert der Entsorgungsleistung beträgt 100,- EUR + USt. Davon ist die Baraufgabe von 80,- EUR abzuziehen. Es verbleibt für die Abfalllieferung ein Wert von 20,- EUR + USt, die der Lieferant (z.B. der Abfallerzeuger) an den Entsorger berechnen muss, d.h. insgesamt 23,80 EUR.
Das BMF-Schreiben stellt nunmehr klar, dass solch ein tauschähnlicher Umsatz nicht nur vorliegt, wenn die Parteien dies vereinbart haben. Vielmehr liegt ein tauschähnlicher Umsatz auch dann vor, wenn die wechselseitige Beeinflussung der Barvergütungen für die Entsorgungsleistung einerseits und für die Lieferung des Abfalls andererseits offensichtlich ist. Das BMF-Schreiben enthält hierzu vier Beispiele, wann eine solche wechselseitige Beeinflussung anzunehmen ist.
Was dies bedeutet, soll anhand des „Beispiels 2“ aus dem BMF-Schreiben erläutert werden. Das „Beispiel 2“ lautet:
„Unternehmer U2 übernimmt gegenüber dem Bauunternehmer B die Entsorgung von Baustellenmischabfällen. Die Beteiligten vereinbaren einen Grundpreis von 250,- EUR je Fuhre, welcher sich ab einem bestimmten Metall- und Folienanteil im Abfall um 50,- EUR reduziert.“
Die vereinbarte Preisreduzierung ab einem bestimmten Metall- und Folienanteil macht offensichtlich, dass der überlassene Abfall die Höhe der Barvergütung für die Entsorgungsleistung beeinflusst hat. Es stellt sich nun die Frage, welchen Wert der zur Entsorgung überlassene Baustellenmischabfall bei einem Grundpreis von 250,- EUR je Abfuhr hat. Hier soll unterstellt werden, dass der wirtschaftliche Wert einer Abfuhreinheit, d.h. eines Containers Baustellenmischabfälle 30,- EUR beträgt. In diesem Fall beträgt der Preis für die Entsorgung 250,- EUR + 30,- EUR, d.h. insgesamt 280,- EUR zzgl. Mehrwertsteuer. Der wirtschaftliche Wert der Lieferung, die der Bauunternehmer erbringt, beträgt im Ergebnis 30,- EUR zzgl. Umsatzsteuer.
Es ist daher zu raten, in Entsorgungsverträgen den Wert der zur Entsorgung übergebenen Abfälle festzulegen. Das BMF-Schreiben lässt es erfreulicherweise ausdrücklich zu, dass dem zwischen den Beteiligten vereinbarten Wert der zur Entsorgung übergebenen Abfälle auch für umsatzsteuerrechtliche Zwecke gefolgt werden kann, sofern dieser Wert nicht offensichtlich unzutreffend erscheint. Haben die Beteiligten den Wert der zur Entsorgung übergebenen Abfälle nicht vereinbart, wird dieser vom Finanzamt geschätzt. Dies kann zu unangenehmen Überraschungen führen.
Das BMF-Schreiben stellt auch klar, dass tauschähnliche Umsätze nicht vorliegen bei sogenannten Gehaltslieferungen oder, wenn das Material seine Abfalleigenschaft verloren hat, keiner gesetzlichen Entsorgungsverpflichtung mehr unterliegt und wie z.B. Rohstoffe marktfähig ist.
Das BMF-Schreiben stellt des Weiteren klar, dass ein tauschähnlicher Umsatz auch vorliegt, wenn einer der Beteiligten nicht ein Unternehmer, sondern ein Privater ist, der keine Umsatzsteuer in Rechnung stellt.
Die Veränderung des Marktpreises nach Abschluss des Entsorgungsvertrages führt nicht dazu, dass die entsprechenden Rechnungen geändert werden müssen. Dies ist erst der Fall, wenn die Beteiligten den Vertrag bzw. Preis entsprechend ändern, z.B. auch im Rahmen einer Preisanpassungsklausel.
Auch wenn das BMF-Schreiben die oben genannte Übergangsfrist enthält, ist gleichwohl zu empfehlen, in die Entsorgungsverträge schon jetzt vertragliche Formulierungen aufzunehmen, um den Grundsätzen des BMF-Schreibens gerecht zu werden bzw. unangenehme Überraschungen in der Zukunft nach Möglichkeit zu vermeiden.