Versucht ein Grundstückseigentümer bei strukturellem Leerstand, über die Regelung des § 33 GrStG eine Reduzierung der Grundsteuer zu erlangen, bekommt er regelmäßig eine ablehnende Reaktion der zuständigen Gemeinde bzw. des Finanzamts. Die Ablehnung der Behörden erfolgt zumeist mit dem Hinweis darauf, dass der Erlass der Grundsteuer nach § 33 GrStG nur dann möglich sei, wenn der Leerstand als atypisch, zufällig und nur vorübergehend zu qualifizieren sei. Hingegen seien strukturelle Leerstände, die aufgrund einer allgemeinen, wirtschaftlichen oder lokalen Marktschwäche, etwa wegen eines Überangebots an Flächen, entstanden seien, nicht geeignet, eine Minderung im Sinne des § 33 GrStG zu begründen. Ein derartiger struktureller Leerstand betreffe schließlich alle ansässigen Grundstückseigentümer im gleichen Maße und könne daher nicht zu einem Steuererlass führen. Außerdem könne der Grundstückseigentümer die nächste Hauptfeststellung des Einheitswertes seines Grundstücks abwarten. Diese Auslegung stützt sich auf die ständige Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, insbesondere des Bundesverwaltungsgerichts.
Die Klage eines hiermit unzufriedenen Grundeigentümers aus Berlin landete nunmehr vor dem BFH. Dieser hat mit Beschluss vom 13.09.2006 die beschriebene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als unzulässige Einschränkung der Auslegung des § 33 GrStG qualifiziert. Gleichzeitig hat der BFH das Bundesministerium der Finanzen zur Stellungnahme aufgefordert. Die an das Ministerium weitergereichte Frage lautet: „Kommt ein Grundsteuererlass nur bei atypischen und vorübergehenden Ertragsminderungen oder auch bei strukturell bedingten Ertragsminderungen nicht nur vorübergehender Natur in Betracht?“
Ob sich die Verwaltungspraxis allein aufgrund des Beschlusses des BFH kurzfristig zu Gunsten der Grundstückseigentümer verändern wird, erscheint jedoch fraglich - zumal noch keine Anzeichen für eine Veränderung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ersichtlich sind. Zunächst ist daher mit der Aufrechterhaltung der restriktiven Behandlung von Erlassanträgen zu rechnen.
Praxistipp
Gleichwohl sollten Anträge bewusst auch bei Fällen des strukturellen Leerstands gestellt werden. Denn eine Änderung der Verwaltungspraxis ist vor dem Hintergrund des BFH-Beschlusses nun jedenfalls nicht mehr auszuschließen. Um sich alle Möglichkeiten offen zu halten, sollte ein etwaig ergehender Ablehnungsbescheid auch nicht bestandskräftig werden. Die Einlegung eines Widerspruchs und die Beschreitung des Rechtswegs gegen entsprechende Ablehnungsbescheide zu den Finanzgerichten - in Berlin, Hamburg, Bremen und Bremerhaven - oder zu den Verwaltungsgerichten - in allen anderen Bundesländern - ist daher zu empfehlen.