In dem zugrundeliegenden Sachverhalt hatte ein Bieter in einer Position des Leistungsverzeichnisses den Preis „1 €“ eingetragen. In der mündlichen Verhandlung hatte der betreffende Bieter einräumen müssen, dass die tatsächlichen Kosten für die entsprechende Position nicht korrekt ausgewiesen und stattdessen bei anderen Kostenpositionen miteingestellt worden seien. Tatsächlich habe er intern einen Kostenbetrag in Höhe von 140.000,00 € für die betreffende Leistung veranschlagt.
BGH-Rechtsprechung fordert zwingenden Ausschluss
Ein Angebot, das derartige Preisangaben enthalte, müsse – so das OLG Düsseldorf – von der Wertung zwingend ausgeschlossen werden, da in der betreffenden Position des Leistungsverzeichnisses die nach den Ausschreibungsbedingungen der Antragsgegnerin geforderte Preisangabe fehle. Nach den einschlägigen Bestimmungen des Vergaberechts sind Angebote, die Preise und die vom öffentlichen Auftraggeber geforderten sonstigen Erklärungen nicht enthalten, von der Wertung auszuschließen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt es sich hierbei um einen zwingenden Ausschlussgrund. Der Auftraggeber habe kein Recht zu einer wie auch immer gearteten großzügigen Handhabe – so der BGH -, sondern müsse das betreffende Angebot aus der Wertung nehmen. Das gelte ohne Rücksicht darauf, dass die betreffende Norm lediglich als Sollvorschrift formuliert sei. Der öffentliche Auftraggeber sei zu einem transparenten und auf der Gleichbehandlung aller Bieter beruhenden Vergabeverfahren verpflichtet. Ein derartiges Vergabeverfahren sei nur dann zu erreichen, wenn ausschließlich solche Angebote gewertet würden, die in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen ergebenden Hinsicht vergleichbar seien. Zum Ausschluss des Angebots zwinge daher bereits die Tatsache, dass Angaben und Erklärungen fehlten, die der Auftraggeber in seinen Ausschreibungsunterlagen zulässiger Weise gefordert habe und die infolge dessen als Umstände ausgewiesen seien, die für die Vergabeentscheidung relevant sein sollten. Zu den Erfordernissen eines wertbaren Angebots gehört es nach Auffassung des Bundesgerichtshofs deshalb auch, dass jeder in der Leistungsbeschreibung vorgesehene Preis so wie gefordert vollständig und mit dem Betrag angegeben wird, der für die betreffende Leistung beansprucht wird.
Das OLG Düsseldorf hat sich dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits in der Vergangenheit ausdrücklich angeschlossen und seine frühere Position – dass der Ausschluss eines unvollständigen Angebots nur dann in Betracht komme, wenn es aufgrund der fehlenden Angaben für eine ordnungsgemäße Wertung ungeeignet sei oder dem Bestellerwillen des Auftraggebers nicht mehr entspreche - aufgegeben. Nach den dargestellten Rechtsgrundsätzen kommt es nach Auffassung der Düsseldorfer Richter nicht einmal mehr auf den Umstand an, dass der betroffene Bieter die in Rede stehenden Kosten tatsächlich mit einem höheren als dem ausgewiesenen Betrag kalkuliert habe. Ein Hinweis im Angebot des Bieters, dass die Kosten für die Bereitstellung der Leistung bei anderen Positionen des Leistungsverzeichnisses eingeflossen seien, ändere nämlich nichts an der Tatsache, dass die Preisangabe „1 €“ nicht die für die Erbringung der betreffenden Leistung kalkulierten Kosten des Bieters wiedergebe, das Angebot in diesem Punkt folglich der geforderten – zutreffenden – Preisangabe entbehre und es daher wegen Unvollständigkeit ausgeschlossen werden müsse.
Offenlegung der Kalkulation im Aufklärungsgespräch unerheblich
Ob die Rechtslage anders zu beurteilen ist, wenn der Bieter in seinem Angebot die von ihm in Wahrheit kalkulierten Kosten der in Rede stehenden Leistung offengelegt und überdies klargestellt hat, in welche anderen Leistungspositionen diese Kosten mit welchen Teilbeträgen eingeflossen sind, kann nach Auffassung des Gerichts in einer derartigen Konstellation auf sich beruhen. Das Angebot des Bieters enthielt diesbezügliche Angaben in dem vom OLG Düsseldorf entschiedenen Fall nämlich nicht. Dann sei es rechtlich auch ohne Belang, dass der Bieter die entsprechenden Informationen in einem Aufklärungsgespräch nach Ablauf der Angebotsabgabefrist dem Auftraggeber mitgeteilt habe. Nach den Vorgaben der Verdingungsunterlagen waren nämlich die kalkulierten Kosten der betreffenden Leistungsposition schon im Angebot selbst offen zu legen. Auch eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes, weil auch ein anderer Bieter Preisangaben von „1 €“ oder sogar „0,01 €“ gemacht hatte, scheidet für die Düsseldorfer Richter von vornherein aus. Dieser Bieter habe nämlich vorgetragen, dass es sich bei diesen Preisangaben um ernstgemeinte, wahre Preisangaben handele, er also die betreffenden Leistungen tatsächlich zu den jeweils ausgewiesenen Einheitspreisen auch kalkuliert und die Kosten der Leistungserbringung nicht in andere Positionen den Leistungsverzeichnisses habe einfließen lassen. Die Gesamtangebotssumme in dem Angebot des letztgenannten Bieters habe zudem nicht den Schluss zugelassen, dass die betreffenden Leistungen anderweitig einkalkuliert worden seien. Im übrigen sei das Vertrauen auf die Beibehaltung eines vergaberechtswidrigen Vorgehens des öffentlichen Auftraggebers rechtlich nicht schützenswert und deshalb schon aus Rechtsgründen nicht anzuerkennen.
Formale Betrachtungsweise fast aller Vergabesenate
Die formale Betrachtungsweise des Oberlandesgerichts Düsseldorf bewegt sich auf einer mittlerweile von fast allen Vergabesenaten anerkannten Rechtsprechungslinie. Lediglich das OLG Saarbrücken hat insoweit entgegen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entschieden. Danach soll das Einreichen doppelter Angebotsformulare mit unterschiedlichen Preisen nicht zum Angebotsausschluss führen, wenn sich aus der Gesamtzusammenstellung des Angebots zweifelsfrei ergebe, dass die niedrigen Angebotssummen gelten sollten. Nicht alle Verstöße gegen die einschlägige Sollvorschrift – so das OLG Saarbrücken – führten zu einem Angebotsausschluss. Wenn die Verstöße hiergegen so gering seien, dass weder der Wettbewerb noch die Eindeutigkeit des Angebotsinhalts noch das vom Auftraggeber in den Ausschreibungsunterlagen Gewollte in Mitleidenschaft gezogen würde, bestehe kein Anlass, die Angebote auszuschließen. Für das unvollständige Ausfüllen von Preisblättern hat das Oberlandesgericht Bremen einen Vertrauensschutz des Bieters dahingehend anerkannt, dass derartige Angebote nicht ausgeschlossen werden können. Allerdings hat es das Gericht in dem betreffenden Beschluss als äußerst fraglich angesehen, ob dies auch angesichts der neuen BGH-Rechtsprechung in Zukunft gelten werde.