Am 31. Oktober wurde das sog. „Zweite Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft“ im Bundesgesetzblatt verkündet. Die auch als „Zweiter Korb“ bezeichnete Gesetzesänderung tritt damit zum 01.01.2008 in Kraft. Das Urheberrecht wird mit diesen Änderungen „weiter an das digitale Zeitalter und die neuen technischen Möglichkeiten angepasst“ (Zitat aus der Presseerklärung des Bundesjustizministeriums).
Praxistipp:
Bereits jetzt sollten bei Vertragsabschlüssen die Änderungen des Gesetzes berücksichtigt werden. Gegebenenfalls kann vorgesehen werden, dass vertragliche Regelungen erst ab dem 01.01.2008 Anwendung finden, um den Gleichklang mit der Gesetzesänderung herzustellen. Die Änderungen des Gesetzes spielen besonders bei Verträgen mit öffentlichen Bildungseinrichtungen sowie bei vertraglichen Regelungen über die zugelassenen Nutzungsarten eine Rolle.
Einzelheiten:
Erhalt der Privatkopie
Die private Kopie nicht kopiergeschützter Werke bleibt weiterhin, auch in digitaler Form, erlaubt. Umgekehrt bedeutet dies aber auch, dass die Umgehung von Kopierschutznahmen rechtswidrig ist. Das neue Recht enthält eine Klarstellung, die zu einer erhöhten Rechtssicherheit der Rechteinhaber beitragen könnte: Bisher war (nur) die Kopie einer offensichtlich rechtswidrig hergestellten Vorlage ausdrücklich verboten (§ 53 Abs. 1 S. 1 UrhG). Dieses Verbot wird jetzt auch auf unrechtmäßig zum Download angebotene Vorlagen ausgedehnt. Hiermit soll das Verbot der die Nutzung illegaler Tauschbörsen klarer erfasst werden. Wenn für den Nutzer etwa in Peer-to-Peer Netzwerken offensichtlich ist, dass es sich bei dem angebotenen Film oder Musikstück um ein rechtswidriges Angebot im Internet handelt, darf er keine Privatkopie davon herstellen. Die Regelung zielt etwa auf Angebote zum Download aktueller Kinofilme. Hier soll nach Auffassung des Gesetzgebers die Rechtswidrigkeit offensichtlich sein.
Pauschalvergütung als gerechter Ausgleich für die Privatkopie
Das System der Pauschalvergütungen in Form einer Abgabe auf Geräte und Speichermedien als Ausgleich für die erlaubte Privatkopie bleibt erhalten. Allerdings kommt es hier vor dem Hintergrund zahlreicher rechtlicher Auseinandersetzungen um die Höhe der Abgabe und die vergütungspflichtigen Geräte zu einer grundlegenden Änderung. Nicht mehr eine starre Liste von Vergütungssätzen, die schnell wieder überholt wäre, sondern Vereinbarungen zwischen Verwertungsgesellschaften und den Verbänden der Gerätehersteller sollen die Höhe der Vergütungssätze festlegen. Die Vergütungssätze haben sich daran zu orientieren, in welchem Umfang die betroffenen Geräte tatsächlich zur Vervielfältigung genutzt werden. Wie schnell es zu entsprechenden Vereinbarungen kommt, bleibt abzuwarten. Unter die Vergütungspflicht fallen alle Geräte und Speichermedien, die zur Vornahme von zulässigen Vervielfältigungen typischerweise benutzt werden.
Erweiterte Rechte für Wissenschaft und Forschung
Die Neuregelung schafft erstmals eine Möglichkeit für öffentliche Bibliotheken, Museen und Archiven, die vorhandenen Bestände auch an elektronischen Leseplätzen anzuzeigen. Neu ist auch, dass Bibliotheken auf gesetzlicher Basis Kopien von urheberrechtlich geschützten Werken auf Bestellung anfertigen und versenden dürfen, z.B. per E-Mail. Diese neuen Nutzungsmöglichkeiten unterliegen zum Schutz der Rechteinhaber jedoch Einschränkungen. Die Anzahl der Vervielfältigungen eines bestimmten Werkes, die an Leseplätzen gleichzeitig gezeigt werden dürfen, wird grundsätzlich an die Anzahl der Exemplare im Bestand der Einrichtung geknüpft. Bibliotheken dürfen Kopien per E-Mail nur dann versenden, wenn der Verlag nicht ein offensichtliches eigenes Online-Angebot zu angemessenen Bedingungen bereithält.
Vereinbarungen über unbekannte Nutzungsarten
Vereinbarungen über die Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke in einer Nutzungsart, die es zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch gar nicht gibt (Beispiele aus der Vergangenheit: Internet, DVD), sind jetzt möglich. Damit soll zusätzliche Rechtssicherheit geschaffen und beispielsweise Auseinandersetzungen über die Neuheit einer Nutzungsart wie etwa im Falle der DVD in Zukunft vermieden werden. Der Urheber wird durch die Neuregelung dadurch geschützt, dass er eine gesonderte, angemessene Vergütung erhalten soll, wenn sein Werk in einer neuen Nutzungsart verwertet wird. Außerdem muss der Verwerter den Urheber informieren, bevor er mit der neuartigen Nutzung beginnt. Die Neuregelung soll insbesondere den Besonderheiten des Films Rechnung tragen. Schon bislang galt deshalb die gesetzliche Vermutung, dass der Filmproduzent im Zweifel das Recht erwarb, den Film in allen bekannten Nutzungsarten zu verwerten. Diese Vermutung wird jetzt auf unbekannte Nutzungsarten ausgedehnt.
Anmerkungen:
Trotz kontroverser Diskussionen bleibt das Recht zur Erstellung privater Kopien auch von digitalen Originalen erhalten. Allerdings dürfen dazu keine Kopierschutzeinrichtungen umgangen werden. Hierfür dürften nicht zuletzt pragmatische Gründe, wie die fehlende umfassende Kontrollierbarkeit, eine Rolle spielen. Die Rechtsverfolgung für Urheber wird jedoch auch aus anderen Gründen nicht einfacher. Das Amtsgericht Offenburg hat es in einem Beschluss (Beschl. v. 20.07.2007, Az.: 4 Gs 442/07) in einem Ermittlungsverfahren um die Nutzung von sog. „Tauschbörsen“ abgelehnt, über die Deutschen Telekom AG die IP-Adresse des Nutzers zu ermitteln. Die Ermittlungsmaßnahme sei unverhältnismäßig, da es sich bei den zu ermittelnden Daten um Verkehrsdaten handele. Diese unterlägen dem Fernmeldegeheimnis. Die angelastete Tat sei zudem der Bagatellkriminalität zuzuordnen.