Die am 24.04.2009 durch das Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung (ÄndAWG) in Kraft getretenen Änderungen des Außenwirtschaftsgesetzes (AWG) und der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) haben es in sich: Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BWM) kann nach den Neuregelungen unter bestimmten Voraussetzungen den Erwerb von Beteiligungen an inländischen Gesellschaften durch außereuropäische Investoren untersagen.
Ziel des Gesetzes
Das ÄndAWG zielt primär darauf ab, die Einflussnahme von Staatsfonds aus Ländern wie z.B. China und Russland zu begrenzen. Hierdurch soll die politische Einflussnahme dieser Länder auf bestimmte inländische Unternehmen unterbunden werden. Darüber hinaus soll aber auch der Entzug von Know-how durch ausländische Investoren und die Gefahr des Missbrauchs von Informationen durch ausländische Investoren unterbunden werden.
Voraussetzung für die Untersagung
Rechtsgeschäfte über den Erwerb gebietsansässiger Unternehmen durch einen gebietsfremden Erwerber können vom BWM beschränkt werden, wenn infolge des Erwerbs die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet ist.
Sachlicher Anwendungsbereich
Nach der Neuregelung ist für die Prüfungs- und Untersagungsbefugnis des BWM der Erwerb von mindestens 25% der Stimmrechte an einem gebietsansässigen Unternehmen ausreichend. Vor dem Inkrafttreten des ÄndAWG unterlag lediglich der Erwerb von Rüstungsunternehmen und Herstellern von Kryptosystemen der Kontrolle durch das BWM. Auf das Geschäftsfeld der Zielgesellschaft kommt es beim Beteiligungserwerb hingegen nicht an; ausschlaggebend für eine mögliche Untersagung ist alleine der erworbene Stimmrechtsanteil. Daher wird das Prüfungsrecht des BWM bereits ausgelöst, wenn es z.B. auf Grund einer Kapitalerhöhung zu einer den Schwellenwert übersteigenden Stimmrechtsverschiebung kommt.
Persönlicher Anwendungsbereich
Die Prüfungs- und Untersagungsbefugnis des BWM wird ausgelöst, wenn der Erwerb des Unternehmens durch einen gemeinschaftsfremden Erwerber erfolgt. Der Erwerber ist gemeinschaftsfremd, wenn er seinen Sitz außerhalb der EU/EFTA (Island, Norwegen, Schweiz, Liechtenstein) hat. Auf den ersten Blick scheint der Erwerb eines inländischen Unternehmens durch ein Unternehmen aus der EU/EFTA daher möglich zu sein, ohne dass das BWM ein Prüfungs- oder Untersagungsrecht zustünde. Dies ist so jedoch nicht zutreffend. Denn ein Prüfungsrecht des BWM besteht auch in Fällen, in denen der Erwerber seinen Sitz innerhalb der EU/EFTA hat aber ein gemeinschaftsfremdes Unternehmen mit mindestens 25% der Stimmrechte an dem Erwerber aus der EU/EFTA beteiligt ist. Somit können auch Unternehmenskäufe vom BWM kontrolliert und untersagt werden, bei denen der Käufer seinen Sitz in der EU/EFTA hat.
Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit
Das BWM kann den Erwerb untersagen, wenn hierdurch die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet wird. Voraussetzung ist, dass eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Diese Formulierung, die erst zu einem späteren Zeitpunkt im Verlaufe des Gesetzgebungsverfahrens eingefügt worden ist, gibt die vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu den Begriffen „öffentliche Ordnung oder Sicherheit“ entwickelte Rechtsprechung wieder. Hiernach umfasst die öffentliche Sicherheit den Bestand des Staates, seiner Einrichtungen und wichtige öffentliche Dienste (z.B. die Bereiche der Telekommunikation oder der Elektrizitätsversorgung) sowie die auswärtigen Beziehungen, die Freiheit von militärischen Bedrohungen und das friedliche Zusammenleben der Völker.
Eine Untersagung des Erwerbs ist folglich nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich. So heißt es auch in der Gesetzesbegründung zum ÄndAWG, dass bei einer Überprüfung zu berücksichtigen ist, dass die Niederlassungsfreiheit und die Freiheit des Kapitalverkehrs nur in seltenen Einzelfällen zur Wahrung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit eingeschränkt werden dürfen.
Verfahren
Das BWM muss innerhalb von drei Monaten nach Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages über den Erwerb der Stimmrechte eine Entscheidung treffen, ob es den Erwerbsvorgang prüfen will. Im Fall eines öffentlichen Angebots nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes beginnt die dreimonatige Frist mit der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe des Angebots oder der Veröffentlichung der Kontrollerlangung. Eine Anzeige gegenüber dem BWM über den Beteiligungserwerb muss nicht erfolgen. Es ist also Sache des BWM, sich rechtzeitig über etwaige Erwerbsvorgänge zu informieren. Trifft das BWM innerhalb von drei Monaten keine Entscheidung, kann eine Überprüfung bzw. eine Untersagung des Erwerbs nicht mehr erfolgen. Entscheidet sich das BWM hingegen für eine Prüfung des Erwerbs, so muss dies dem Erwerber durch Verwaltungsakt mitgeteilt werden. Die Mitteilung führt zu der Verpflichtung des Erwerbers, dem BWM die Unterlagen über den Erwerb mitzuteilen. Welche genauen Unterlagen vom Erwerber an das BWM zu übermitteln sind, wird vom BWM im Bundesanzeiger veröffentlicht. Nach Eingang der vollständigen Unterlagen kann das BWM mit Zustimmung der Bundesregierung den Erwerb innerhalb einer Prüffrist von zwei Monaten untersagen oder Anordnungen erlassen, soweit dies erforderlich ist, um die öffentliche Ordnung oder Sicherheit zu gewährleisten.
Unbedenklichkeitsbescheinigung
Während der Prüffrist steht der schuldrechtliche Vertrag über den Beteiligungserwerb unter der auflösenden Bedingung der Untersagung. Eine Untersagung kann folglich schwerwiegende Folgen haben, da das Rechtsgeschäft ggf. nach Bereicherungsrecht rückabzuwickeln ist. Um dieses Risiko zu vermeiden, besteht die Möglichkeit, dass der Erwerber vor Abschluss des Kaufvertrages beim BWM eine Unbedenklichkeitsbescheinigung beantragt. Wird nicht innerhalb eines Monats nach Antragstellung ein Prüfverfahren durch das BWM eingeleitet, gilt die Unbedenklichkeitsbescheinigung als erteilt. Hierdurch kann der Erwerber bereits vor Ablauf der Prüffristen frühzeitig Rechtssicherheit erlangen.
Fazit
Trotz der auf den ersten Blick gravierenden Reichweite der neuen Regelungen dürfte es zu keinen relevanten Schwierigkeiten bei Unternehmenskäufen kommen, da eine Untersagung nur in Ausnahmefällen erfolgen darf und durch den Antrag auf Ausstellung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung frühzeitig Rechtssicherheit erlangt werden kann.