Kooperationen sind damit vom Kartellverbot automatisch, und ohne dass sich die Kartellbehörden im Vorhinein damit befassen müssen, freigestellt, wenn sie nach dem Gesetz davon ausgenommen sind. Für Kooperationen, die sich auf den zwischenstaatlichen Handel auswirken, gilt dies schon seit Inkrafttreten der entsprechenden Verordnung (EG) Nr. 1/2003 am 01. Mai 2004. Mitte Juni hat der Bundestag den Kompromiss zur GWB-Novelle, auf den sich der Vermittlungsausschluss verständigt hatte, einstimmig gebilligt. Zu einer Neuordnung des Pressekartellrechts in der Novelle ist es letztlich nach erheblichem Streit nicht gekommen. Als Ausgleich dafür, dass den Unternehmen bei der Beurteilung ihrer wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung ein großer Ermessensspielraum zugestanden und dem Bundeskartellamt nur ein nachträgliches Kontrollrecht eingeräumt wird, werden die Ermittlungsrechte der Kartellbehörden gestärkt. Außerdem werden die Bußgeldregelungen verschärft.
Klagerecht für Wirtschaftsverbände, „Negativattest“ für Mittelständler
In dem Entwurf der Bundesregierung war zunächst geplant, dass auch Verbraucher und ihre Verbände gegen Kartellverstöße klagen und eine Herausgabe der „Kartellrendite“ verlangen können. Auch diese Passage wurde nach der Einigung im Vermittlungsausschuss gestrichen. Es bleibt aber beim Klagerecht der Wirtschaftsverbände. Nach der Einigung im Vermittlungsausschuss sollen mittelständische Unternehmen, deren Vereinbarungen ohne grenzüberschreitende Auswirkungen bleiben, künftig beim Bundeskartellamt ein „Negativattest“ erlangen können. Eine derartige ausdrückliche Entscheidung des Amtes, nicht tätig zu werden, soll ihnen Rechtssicherheit geben. Diese Regelung wird aber auf vier Jahre befristet sein. Zudem müssen die Unternehmen ein „erhebliches wirtschaftliches Interesse“ nachweisen. Legalisierte Kartelle sollen Bestandsschutz bis 2007 genießen; die Übergangsfristen werden verlängert.
Fusionskontrolle: Rechtsschutz Dritter wird verkürzt
In der Fusionskontrolle wird der einstweilige Rechtsschutz für Dritte verkürzt, er war erst mit der vorangegangenen Kartellnovelle ausgebaut worden. Dritte müssen nun darlegen, in eigenen Rechten verletzt zu sein. Damit soll vermieden werden, dass Investitionsentscheidungen der fusionswilligen Unternehmen „mutwillig“ blockiert werden. Ausgenommen von der Rücknahme des Rechtsschutzes sind Eilverfahren mit einer Ministererlaubnis. Im Eilverfahren wird überdies auf der anderen Seite ein Recht auf Beschwerde eingeführt. Diese Schaffung einer zweiten Instanz soll die Entscheidung über Grundsatzfragen durch den Bundesgerichtshof erlauben, deren Klärung erst im Hauptsacheverfahren zu mehrjähriger Rechtsunsicherheit führte.
Schafft „Negativattest“ die Bürokratie, die „Legalausnahme“ vermeidet?
Das mit der Novelle eingeführte „Negativattest“ bringt den mittelständischen Unternehmen zwar mehr Rechtssicherheit, kann aber jene Bürokratie zurückbringen, die mit der Novelle eigentlich abgebaut werden sollte. Auch das Bundeskartellamt befürchtet insoweit, dass es vor allem in der Anfangsphase um Auslegungsfragen gehen wird, da als Voraussetzung für den Anspruch das „erhebliche rechtliche und wirtschaftliche Interesse“ nachgewiesen werden muss. Insoweit ist jedoch zu berücksichtigen, dass das Negativattest nur die Kartellbehörde bindet, nicht aber Gerichte oder Dritte bei der Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen; zudem kann es nicht geltend gemacht werden, wenn europäisches Recht zur Anwendung gelangt. Letztlich bedeutet dies, dass nur solche Vereinbarungen betroffen sind, die ausschließlich dem deutschen Recht unterliegen, im Wesentlichen also regionale Vereinbarungen, die für den zwischenstaatlichen Handel keine Bedeutung haben.