Aktive Darlegung eines Vergaberechtsverstoßes
Das OLG Jena hat betont, dass allein die allgemeine Behauptung, dass das Angebot des obsiegenden Bieters nicht mangelfrei sei, kein Recht auf Akteneinsicht eröffne. Erst bei Kenntnis einer konkreten Vergaberechtsverletzung könnten die Vergabenachprüfungsinstanzen eine Abwägung, wie sie § 111 GWB vorschreibe, überhaupt vornehmen. Der Umfang der einer Akteneinsicht zugänglichen Aktenbestandteile sei damit deckungsgleich mit dem in § 107 Abs. 3 GWB vorausgesetzten Rügegegenstand. Zu einem ordnungsgemäßen Rügevortrag wiederum gehöre die aktive Darlegung einer substantiierten, auf konkreten Tatsachen basierenden – nicht nur auf das Geradewohl geäußerten – Vergaberechtsverletzung, deren Vorliegen dem Antragsteller die Zuschlagschance offen halte und die anhand der beantragten Akteneinsicht erhärtet werden solle. Das passive Bestreiten eines wertbaren Angebotes sei dagegen nicht ausreichend.
Fazit
In der Vergangenheit wurde Bietern aufgrund des Umstandes, dass der Wertungsvorgang ihrer Kenntnis weitgehend entzogen war, regelmäßig in weitgehendem Umfang Einsicht in die Akten zugestanden, um die Ordnungsgemäßheit des Wertungsvorganges überprüfen zu können. Diese, vornehmlich durch das OLG Düsseldorf vertretene Auffassung, führte in der Praxis oftmals dazu, über die abstrakte Möglichkeit eines Vergaberechtsverstoßes ein Nachprüfungsverfahren zu initiieren. Dieser Vergaberechtspraxis will das OLG Jena nun offensichtlich Einhalt gebieten. Sollten sich auch andere Oberlandesgerichte der strengen Auffassung des OLG Jena anschließen, so wird es für Bieter zukünftig wieder schwieriger sein, in zulässiger Art und Weise ein Nachprüfungsverfahren einzuleiten.