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Keep on rolling: Güterverkehr und Logistik in Zeiten des Coronavirus
25.03.2020 Markus Figgen, Bianca Grewe

Keep on rolling: Güterverkehr und Logistik in Zeiten des Coronavirus

Die Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs gilt auch in der Coronakrise als gesichert. Dennoch führen Hamsterkäufe seit Tagen zu – zeitweise – leeren Regalen in den Supermärkten. Um Versorgungsengpässe zu verhindern, haben die Bundesländer bereits das Sonn- und Feiertagsfahrverbot zeitweise gelockert (vgl. Übersicht des Bundesamtes für Güterverkehr („BAG“) vom 23.03.2020, Link). Auch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur („BMVI“), das BAG und Landesbehörden haben an mehreren Stellschrauben gedreht. Wir geben einen Überblick.

Eingeschränkte Verfolgung und Ahndung von Verstößen gegen das Güterkraftverkehrsrecht

Der grenzüberschreitende gewerbliche Güterkraftverkehr ist auf europäischer Ebene insbesondere in der Verordnung (EG) 1072/2009 geregelt. Deren Kapitel III enthält Regelungen für die Durchführung der Kabotage, also der innerstaatlichen Beförderung gebietsfremder EU-/EWR-Unternehmer. Möglichkeiten, für bestimmte Beförderungsfälle von den Kabotage-Vorschriften abzuweichen, sind jedenfalls nicht ausdrücklich vorgesehen.

Das BMVI nimmt aber nun angesichts der Herausforderungen der Coronakrise eine teleologische Reduktion dieser Vorschriften vor. In einem Schreiben vom 18.03.2020 (Az. StV 13 / 7372.1/3) (abrufbar auf der Webseite der IHK Ulm, Link) an die nach dem Güterkraftverkehrsgesetz zuständigen Kontrollbehörden zieht das BMVI eine Ausnahmeregelung in der Verordnung (EG) 1072/2009 entsprechend heran, die nicht die Kabotage betrifft, sondern von den Erfordernissen einer Gemeinschaftslizenz und einer Beförderungsgenehmigung befreit. Diese Ausnahme greift u. a. ein für Güter, die zur Hilfsleistung in dringenden Notfällen (insbesondere bei Naturkatastrophen) bestimmt sind (vgl. Art. 1 Abs. 5 lit. e der Verordnung (EG) 1072/2009 sowie § 2 Abs. 1 Nr. 5 Güterkraftverkehrsgesetz („GüKG“)).

In (entsprechender) Anwendung dieser Ausnahme bittet das BMVI die zuständigen Behörden, bis zum 30.09.2020 von der Verfolgung und Ahndung güterkraftverkehrsrechtlicher Verstöße in Bezug auf die Genehmigungspflicht und die Kabotage-Vorschriften abzusehen. Dafür müssen allerdings die folgenden Voraussetzungen vorliegen:

  • Beförderung von Waren des täglichen Bedarfs (insbesondere Lebens- und Futtermittel) zwischen Produktions-, Lager- und Verkaufsstätten oder von Gütern der medizinischen Versorgung sowie zur Bewältigung des SARS-CoV-2-Pandemie oder von Treibstoffen,
  • Mitführung der Begleitpapiere (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 Güterkraftverkehrsgesetz analog) sowie einer Kopie des Vertrages zwischen dem Transportunternehmer und dem Auftraggeber,
  • Beachtung einschlägiger Rechtsvorschriften der EU und nationaler Rechtsvorschriften, insbesondere hinsichtlich der höchstzulässigen Maße und Gewichte, der Sicherung der Ladung, darüber hinaus arbeitsrechtliche und entsenderechtliche Vorschriften,
  • Beachtung der Vorschriften über Lenk- und Ruhezeiten.

Schließlich ist zu beachten, dass das BMVI in dem genannten Schreiben lediglich eine Bitte gegenüber den zuständigen Behörden ausspricht, an die diese Behörden nicht gebunden sind. Ob die zuständigen Behörden dieser Bitte im Einzelfall nachkommen werden, ist nicht gesichert. Zudem ist bei Grenzübertritten in andere EU-Länder zu beachten, dass dort möglicherweise keine vergleichbaren Lockerungen der an sich geltenden unionsrechtlichen Vorschriften existieren.

Lockerung der Lenk- und Ruhezeiten im Straßenverkehr

Die flächendeckende Verfügbarkeit von Waren des täglichen Bedarfs, von Gütern zur medizinischen Versorgung und von Treibstoffen will das BMVI zudem mit einer Lockerung der Lenk- und Ruhezeiten im Straßenverkehr sicherstellen. Hierfür gelten nach einem weiteren Schreiben des BMVI vom 18.03.2020 (Az. StV 13 / 7376.5) (ebenfalls abrufbar auf der Webseite der IHK Ulm, Link) vorübergehend bis einschließlich 17.04.2020 Ausnahmen von den Sozialvorschriften im Straßenverkehr.

Die Ausnahmen gelten für Fahrerinnen und Fahrern, die die bereits genannten Waren des täglichen Bedarfs (insbesondere Lebens- und Futtermittel) zwischen Produktions-, Lager- und Verkaufsstätten oder Güter der medizinischen Versorgung sowie zur Bewältigung des SARS-CoV-2-Pandemie oder Treibstoffe befördern. Diesen Fahrerinnen und Fahrern ist es nunmehr gestattet,

  • die tägliche Lenkzeit von höchstens neun Stunden fünf Mal pro Woche – anstatt sonst nur zwei Mal pro Woche – auf zehn Stunden zu verlängern; sowie
  • zwei aufeinanderfolgende reduzierte wöchentliche Ruhezeiten (weniger als 45 Stunden, mindestens 24 zusammenhängende Stunden) einzulegen, sofern in vier jeweils aufeinanderfolgenden Wochen mindestens vier wöchentliche Ruhezeiten eingelegt werden. Davon müssen allerdings mindestens zwei regelmäßige Ruhezeiten (Ruhepause von mindestens 45 Stunden) sein. Wurden zwei reduzierte wöchentliche Ruhezeiten nacheinander eingelegt, ist die nächste Ruhezeit – als Ausgleich für diese zwei reduzierten wöchentlichen Ruhezeiten – vor der darauffolgenden wöchentlichen Ruhezeit einzulegen.

Diese beiden Ausnahmen sind jedoch stets daran geknüpft, dass die Verkehrssicherheit durch deren Inanspruchnahme nicht beeinträchtigt wird. Insoweit ist vor Antritt der Fahrt sicherzustellen, ob die Fahrerin oder der Fahrer tatsächlich in der Lage ist, die Beförderung durchzuführen. Schließlich ist auch hier im Falle des Grenzübertritts in andere EU-Länder zu beachten, dass diese nicht zwingend die vorgenannten, in Deutschland geltenden Ausnahmen von den an sich geltenden unionsrechtlichen Vorgaben zu Lenk- und Ruhezeiten vorsehen.

Erleichterungen bei der „Schlüsselzahl 95“

Auch das BAG hat Lockerungen im Vollzug angekündigt, um den Herausforderungen der Coronakrise zu begegnen: Es verzichte bis einschließlich 17.04.2020 beim Einsatz von Fahrern ohne gültige Berufskraftfahrer-Qualifikation (Schlüsselzahl 95 des Führerscheins) auf Beanstandungen (vgl. Mitteilung des BAG vom 20.03.2020, Link). Damit soll sichergestellt werden, dass Güter zur medizinischen Versorgung und Waren des täglichen Bedarfs im erforderlichen Umfang bereitgestellt werden können. Zudem soll dem hohen Bedarf an Fahrerinnen und Fahrern Rechnung getragen werden.

Darüber hinaus wird zu beachten sein, wie die zuständigen Länderbehörden angesichts der Coronakrise das Berufskraftfahrerqualifizierungsrecht und das Fahrerlaubnisrecht handhaben werden. So sollen etwa im Freistaat Bayern – in dem am 16.03.2020 der Katastrophenfall festgestellt wurde – Lockerungen im Vollzug der FahrerlaubnisVO gelten. In einem gemeinsamen Schreiben der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Sport und Integration sowie für Wohnen, Bau und Verkehr vom 18.03.2020 (Az. C4-3615-9-4365) (abrufbar auf der Webseite der IHK Bayreuth, Link) werden als Maßnahmen genannt:

  • Zuerkennung der Schlüsselzahl 95 für ein Jahr, auch wenn die erforderlichen Weiterbildungsbescheinigungen nicht (alle) vorgelegt werden können. Bei nachgewiesener Notlage des Unternehmens kann dies auch ohne Nachweis der Grundqualifikation erfolgen.
  • Die Fahrerlaubnisse der Klassen C und D (mit Unterklassen) werden um ein Jahr verlängert, wenn die Verlängerung bei der Fahrerlaubnisbehörde rechtzeitig vor Ablauf der Befristung beantragt wird, und zwar auch dann, wenn die notwendigen ärztlichen Bescheinigungen nach Anlage 5 und 6 FeV nicht vorgelegt werden können.

In beiden genannten Fällen muss der jeweilige Antragsteller glaubhaft erklären, dass die anstehende Weiterbildung bzw. die ärztliche Untersuchung nur deshalb nicht erfolgt ist/sind, weil in zumutbarer Entfernung keine Kurse/Untersuchungen (mehr) angeboten werden. Ferner dürfen sich aus der Fahrerlaubnisakte keine Hinweise auf Vorerkrankungen bzw. sonstige Eignungsbedenken ergeben.

Weitere Flexibilisierungen für die Güterlogistik?

Neben den genannten hat Bundesverkehrsminister Scheuer weitere Maßnahmen angekündigt, um Versorgungsengpässe zu verhindern. So sollen nach mehreren Meldungen Logistikzentren künftig 24 Stunden am Tag öffnen können. Auch eine Flexibilisierung der Arbeitszeit soll in Regierungskreisen thematisiert werden. Bundesverkehrsminister Scheuer sei zudem in Gesprächen mit Kommunalverbänden über eine Lockerung der Nachtzulieferung von 22 Uhr bis 6 Uhr (vgl. Meldung in der Verkehrsrundschau, Link). Ob und falls ja, welche Flexibilisierungen insoweit noch getroffen werden, bleibt abzuwarten.

Corona EU-Grenzmanagementmaßnahmen: „Green Lanes“ für die Güterbeförderung und Abfallverbringung

Die Europäische Kommission hat die Mitgliedstaaten nachdrücklich aufgefordert, im Rahmen der Leitlinien für Grenzmanagementmaßnahmen zum Schutz der Gesundheit und zur Sicherstellung der Verfügbarkeit von Waren und wesentlichen Dienstleistungen (C(2020) 1753 final) so genannte „Green Lanes“ umzusetzen, damit die Lieferketten aufrechterhalten werden und der Binnenmarkt für Waren auch weiterhin reibungslos funktioniert, s. Mitteilung vom 24.03.2020 (Abl. C 96 I vom 24.3.2020, S. 1).

Die Mitteilung enthält auch weitere Empfehlungen für Fahrer, relevante verkehrsbezogene Unternehmen und zuständige Behörden im Güterverkehr im Zusammenhang mit dem COVID-19-Ausbruch.

  • So sollen zum Beispiel die Fahrer an den Belade- und Entladeorten möglichst in der Fahrerkabine des Lastkraftwagens bleiben.
  • Auch bei Kontrollen und in den Warteschlangen an den Grenzen sollte generell von den Fahrern nicht verlangt werden, für Kontrollen die Fahrerkabine ihres Lastkraftwagens zu verlassen.

Die in der Mitteilung enthaltenen Grundsätze für die Beförderung von Waren gelten sinngemäß auch für die Verbringung von Abfällen. Die weitere Umsetzung dieser Empfehlungen in Deutschland, soweit nicht bereits erfolgt, bleibt abzuwarten.

(Noch) in weiter Ferne: Verkehrsleistungen per Verpflichtungsbescheid

Derzeit trotz der angespannten Situation durch die Coronakrise in weiter Ferne, aber grundsätzlich denkbar ist im Bereich von Verkehrsleistungen ein Rückgriff der Behörden auf das Verkehrsleistungsgesetz („VerkLG“). Danach können Erbringer von Verkehrsleistungen (Unternehmer) durch Verpflichtungsbescheid dazu verpflichtet werden, Leistungen und Nebenleistungen zur Verfügung zu stellen. Darunter fallen etwa einmalige oder wiederkehrende Beförderungen von Gütern oder gar die Überlassung von Verkehrsmitteln und -anlagen. Gleichwohl dürfen solche Leistungen nur angefordert werden, wenn das BMVI entschieden bzw. die Bundesregierung durch Beschluss festgestellt hat, dass die Voraussetzungen des VerkLG vorliegen.

Haben Sie Fragen zu den rechtlichen Auswirkungen des Coronavirus? Sprechen [oder mailen] Sie uns gerne an!

Autor:innen

Markus Figgen
Köln, Brüssel
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Bianca Grewe
Köln
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