Nicht nur bei Gebrauchtverkäufen ist der Hinweis „gekauft wie besichtigt“ eine gängige Formulierung, mit der versucht wird, die Haftung für mögliche Mängel vollständig auszuschließen. Auch im Neuwarenvertrieb, etwa von größeren Maschinen/Anlagen, werden Besichtigungsklauseln gerne genutzt.
In einer aktuellen Entscheidung hat der BGH nun noch einmal dargelegt, welche Bedeutung der Haftungsbeschränkung „wie besichtigt“ zukommt. In dem konkreten Fall hatte der Kläger von dem beklagten Verkäufer eine Drehmaschine zum Kaufpreis von EUR 55.000,- „im Zustand…wie besichtigt“ erworben. Die Maschine hatte der Kläger einige Tage vor Erwerb im Lager des Verkäufers besichtigt. Funktionstests oder Probeläufe fanden in diesem Termin jedoch nicht statt. Wie sich nach Erwerb der Maschine herausstellte, war diese tatsächlich nicht in der Lage, Werkstücke zu bearbeiten, die von einer solchen Maschine üblicherweise hätten bearbeitet werden müssen. Der Käufer verlangte Rückabwicklung des Vertrages – zu Recht, wie auch der BGH in seinem Urteil ausführt.
Eine Sache weist dann einen (kaufrechtlich relevanten) Mangel auf,
- wenn sie nicht über die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit verfügt oder
- wenn sie sich nicht für die gewöhnliche Verwendung, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist, eignet
In dem von dem BGH zu entscheidenden Fall war klar, dass die erworbene Drehmaschine nicht in der Lage war, die für eine solche Maschine üblicherweise vorgesehenen Werkstücke zu bearbeiten. Die Maschine war also mangelhaft. Dem Käufer hätten nach den gesetzlichen Regelungen die üblichen Gewährleistungsansprüche zugestanden. Konnten diese durch den Vermerk „wie besichtigt“ wirksam ausgeschlossen werden?
Nach Auffassung des BGH war dies nicht möglich. Haftungsausschlüsse seien – da sie die gesetzlichen Haftungsregelungen beschränken – grundsätzlich eng auszulegen. Knüpfen Gewährleistungsausschlüsse durch die Bezeichnung „wie besichtigt“ an eine vorangegangene Besichtigung an, beziehen sie sich somit
„in aller Regel nur auf bei der Besichtigung wahrnehmbare, insbesondere sichtbare Mängel“
(BGH, Urteil v. 06.04.2016 – VIII ZR 261/14).
Wird also während des Besichtigungstermins keine Funktionsprüfung vorgenommen, besteht die Haftung für Funktionsmängel, die erst im laufenden Betrieb erkennbar werden, fort.
Auch unterliegen dem Haftungsausschluss auch nicht zwingend alle sichtbaren Mängel. Wird die Besichtigung durch den sachunkundigen Käufer durchgeführt, kann nicht erwartet werden, dass dieser alle Mängel entdeckt, die ggf. ein Sachverständiger bei einer Sichtprüfung hätte erkennen können. Bei der Auslegung des Haftungsausschlusses kommt es somit grundsätzlich darauf an, wer die Besichtigung vorgenommen hat.
Die Besichtigungsklausel ist somit ein eher „wackeliges Vehikel“, wenn es um die Vereinbarung umfassender, wirksamer Haftungsausschlüsse geht. Wer dennoch mit einer entsprechenden Klausel arbeiten möchte, sollte überlegen, eine Besichtigung durch eine sachkundige Person zu verlangen, bei der gleichzeitig Funktionstests durchgeführt werden.