In seinen Schlussanträgen vom 20.09.2007 (Rs. C-346/06) hat sich der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof Yves Bot mit dem Verhältnis des niedersächsischen Tariftreuegesetzes für öffentliche Aufträge zum Europäischen Recht auseinandergesetzt. Die Frage der Europarechtskonformität hatte das OLG Celle dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt. Das Landesvergabegesetz verpflichtet Unternehmen, die von der öffentlichen Hand einen Bauauftrag bekommen, ihren Arbeitnehmern mindestens den ortsüblichen Tariflohn zu zahlen. Dieser liegt über den in der Baubranche geltenden Mindestlöhnen. Generalanwalt Yves Bot vertritt die Ansicht, dass das niedersächsische Tariftreuegesetz nicht gegen Europäisches Recht verstößt. Dies betreffe zunächst die europäische Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern; diese erlaube es den Mitgliedstaaten, über die europäischen Vorgaben hinauszugehen, so der Generalanwalt. Hinsichtlich der Dienstleistungsfreiheit gestand der Generalanwalt zwar zu, dass diese durch das Tariftreuegesetz beschränkt sei. Die Beschränkung sei aber aus Gründen des Arbeitnehmerschutzes gerechtfertigt. Allerdings müsse das nationale Gericht – hier das OLG Celle – immer prüfen, ob das Tariftreuegesetz tatsächlich dem Schutz der entsandten Arbeitnehmer diene und Sozialdumping verhindere.
Fazit
Bereits das Bundesverfassungsgericht hatte das Berliner Tariftreuegesetz für mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt. Die Schlussanträge der Generalanwälte am Europäischen Gerichtshof sind zwar für den Gerichtshof nicht bindend. Gleichwohl folgen die Richter ihnen jedoch häufig. Das Verfahren vor dem EuGH könnte daher Signalwirkung auch für andere Tariftreuegesetze entfalten. Bislang gelten ähnliche Regelungen (mit unterschiedlicher Ausgestaltung) in der Hälfte der Bundesländer. Nordrhein-Westfalen hat kürzlich das entsprechende Gesetz aufgehoben. In Hessen sollen dagegen entsprechende Vorschriften erst zum 01.01.2008 in Kraft treten.